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LITERATUR


Haftung des Sachverständigen gegenüber Dritten


Gesetzliche Quellen:

§ 1299 ABGB idF JGS Nr. 946/1811

§ 1300 ABGB idF JGS Nr. 946/1811

§ 141 Abs 5 EO idF BGBl. I Nr. 37/2008

insbesondere: a) der Sachverständigen; 

§ 1299 (ABGB) Wer sich zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den nothwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überließ, die Unerfahrenheit desselben gewußt; oder, bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen können; so fällt zugleich dem Letzteren ein Versehen zur Last.

§ 1300 (ABGB) Ein Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden, welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Anderen verursachet hat.

Vornahme der Schätzung (§ 141 Abs 5 EO)

Der Sachverständige haftet nach § 1299 ABGB dem Ersteher und allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht.

Einleitung: 

Die folgende Zusammenfassung soll einen kurzen Überblick darüber bieten, welchem Personenkreis gegenüber ein Sachverständiger durch seine Gutachtertätigkeit vertraglich haftbar werden kann. Zwar ist die Frage der Haftung von Sachverständigen keine dem Immobilienfachbereich eigene Problematik, gewinnt jedoch in Zusammenhang mit den regelmäßig sehr hohen Verkehrswerten besondere Brisanz. Darüber hinaus kommt in der Praxis der Verkehrswertermittlung zu Verkaufs- oder Sicherungszwecken in einer Vielzahl von Fällen zentrale Bedeutung zu und ist dies – wie im Folgenden dargestellt wird – gerade für die Frage der Haftung gegenüber Dritten von Interesse. Von einer umfangreichen Erörterung schadenersatzrechtlicher Grundlagen wird hingegen an dieser Stelle zu Gunsten einer detaillierteren Behandlung dieser Frage abgesehen. Der Übersichtlichkeit halber wurden die bezughabenden Gesetzesstellen bereits zu Beginn des Textes angeführt.

Erörterung: 

Ein Sachverständiger haftet für den durch sein Verschulden verursachten Schaden nach dem § 1299 ABGB dritten Personen gegenüber insbesondere dann, wenn er ein Gutachten in seiner Eigenschaft als Hilfsorgan einer öffentlichen Behörde abgegeben hat (RIS-Justiz RS0026316). Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der im Prozess ein unrichtiges Gutachten abgibt, haftet somit den Parteien gegenüber persönlich nach § 1299 ABGB (vgl auch OGH in 5 Ob 18/00h) und nicht nur gegenüber dem Gericht. Amtshaftung scheidet hier mangels Organstellung aus (vgl RIS-Justiz RS0026337). Weitergehende Haftungen gegenüber Dritten ergeben sich insbesondere auch aus entsprechenden Schutznormen, so etwa im Zwangsversteigerungsverfahren aus der für Immobiliensachverständige besonders wichtigen Bestimmung des § 141 Abs 5 EO, auf die in den unten angeführten Beispielen noch ausführlich eingegangen wird.

Außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ist die [Anm.: vertragliche] Ersatzpflicht des Sachverständigen nach den §§ 1299f ABGB grundsätzlich auf den aus dem Schuldverhältnis Berechtigten beschränkt (vgl RIS-Justiz RS0026234). Dabei handelt es sich im Regelfall um den Auftraggeber oder einen ausdrücklich vertraglich begünstigten Dritten. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung wird eine Haftung des vertraglichen Sachverständigen gegenüber Dritten, die nicht aus dem Schuldverhältnis berechtigt sind, aber generell auch dann anerkannt, wenn der Besteller des Gutachtens für den Sachverständigen erkennbar gerade auch die Interessen des Dritten mitverfolgt. In diesem Fall liegt ein Vertrag zugunsten Dritter oder mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vor (RIS-Justiz RS0026552). Dabei sind die objektiv-rechtlichen Sorgfaltspflichten auf den Dritten zu erstrecken. Den Sachverständigen trifft eine solche objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht zu Gunsten eines Dritten, wenn er damit rechnen muss, dass sein Gutachten Dritten zur Kenntnis gelangen und diesen als Grundlage für ihre Dispositionenbilden werde (RIS-Justiz RS0106433). Geschützt ist demnach der Dritte, wenn eine Aussage erkennbar drittgerichtet ist, also ein Vertrauenstatbestand vorliegt, der für den Dritten eine Entscheidungsgrundlage darstellen soll. Wesentlich ist daher vor allem die Verkehrsübung und zu welchem Zweck das Gutachten erstattet wurde (RIS-Justiz RS0106433 [T11, T12]; RS0017178;RS0026645 [T7], [T12]). Welche Interessen Dritter geschützt sind, ergibt sich aus dem Gutachtensauftrag (RIS-Justiz RS0017178 [T8]).

Für weitere Informationen zur konträren älteren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes klicken Sie bitte auf diesen Text

Im Fall des vertraglich bestellten Sachverständigen wirkt der Vertrag zwischen Besteller des Gutachtens und dem Sachverständigen unter den oben angeführten Voraussetzungen als sogenannter Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter bzw bestehen objektiv-rechtliche Sorgfaltspflichten gegenüber einem Dritten. Dies bewirkt, dass einem grundsätzlich vom Vertrag nicht tangiertem Dritten in schadenersatzrechtlicher Hinsicht eine Stellung eingeräumt wird, wie sie sonst nur einem Berechtigten aus dem Vertrage zukäme. Die gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Konstruktion des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ist eine Entwicklung der Rechtsprechung und ihr Anwendungsbereich nach wie vor Gegenstand zahlreicher, teilweise sehr kasuistischer, Entscheidungen. Die Anwendung dieser Konstruktion findet ihre Grenzen dort, wo ansonsten eine „Ausuferung“ der Haftung zu befürchten wäre, wenngleich die konkrete Abgrenzung, welcher Personenkreis noch von der Schutzwirkung umfasst sein soll, in der Judikatur durchaus unterschiedlich gehandhabt wird (vgl RIS-Justiz RS0022814). Tendenziell kann aber festgehalten werden, dass die Rechtsprechung den geschützten Personenkreis in den letzten Jahren zunehmend weiter gezogen hat.

Für weitere ausgewählte Beispiele aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes klicken Sie bitte auf die jeweiligen Überschriften

Haftung des Sachverständigen für Vermögensnachteile im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung im Exekutionsverfahren (OGH in 1 Ob 79/00z)

Haftung eines Gutachters, der im Auftrag des Treuhänders tätig war, gegenüber dem Treugeber (RIS-Justiz RS0026645 [T9])

Haftung gegenüber möglichen Kreditgebern oder Käufern (OGH in 6 Ob 81/01g)

Haftung gegenüber einem Zeugen im Strafverfahren (RIS-Justiz RS0026645 [T8])

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