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RECHTSPRECHUNG


RS0017127


Aus dem mit dem Kreditinstitut abgeschlossenen Girovertrag können sich Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter ergeben. Das reine Vermögen eines Dritten ist aber nur dann geschützt, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten berührt werden. Allgemeine Pflichten eines Kreditinstituts, Schäden durch Untreuehandlungen in einer fremden Sphäre hintanzuhalten, sind nicht anzuerkennen. Verwendet die Bank aber die auf einem Konto eingegangenen, vom Kontoinhaber treuhänderisch zu haltenden Gelder zur Befriedigung einer eigenen Kreditforderung gegen den Kontoinhaber, obwohl sie weiß, dass es sich dabei um Treuhanderläge handelt, so macht sie sich gegenüber dem Treugeber schadenersatzpflichtig.


Rechtssatz:

Aus dem mit dem Kreditinstitut abgeschlossenen Girovertrag können sich Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter ergeben. Das reine Vermögen des Dritten ist aber nur dann geschützt, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten berührt werden, insbesondere wenn dessen Entschlüsse dadurch beeinflusst wurden. Ist dem Kreditinstitut, das dem Überweisungsempfänger den Erhalt eines Überweisungsauftrages bestätigt, bekannt, dass der Überweisungsempfänger nur leistet, wenn die an ihn zu bewirkende Zahlung sichergestellt ist, hat es den Überweisungsempfänger darauf hinzuweisen, dass durch die Auftragsbestätigung keine vom Deckungsverhältnis unabhängige Verpflichtung begründet wird und die vom Überweisungsempfänger angenommene Sicherheit nicht besteht. Die Unterlassung der Aufklärung begründet eine Verletzung dem Überweisungsempfänger gegenüber bestehender Sorgfaltspflichten, die zum Schadenersatz verpflichtet.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
1Ob536/86; 1Ob516/88; 2Ob613/89; 1Ob672/90; 1Ob503/92; 1Ob580/94; 1Ob637/94; 8Ob1556/95; 4Ob2259/96a; 4Ob325/98t; 2Ob5/00z; 7Ob188/99v; 1Ob143/00m; 6Ob287/00z; 8Ob287/01s; 2Ob196/03t; 3Ob265/02w; 9Ob128/03v; 7Ob211/05p; 4Ob230/06m; 3Ob166/08w; 8Ob145/09w; 8Ob166/09h; 6Ob53/15k

Schlagworte:

Entscheidung:
27.04.2015

Norm:
ABGB §881 IA
ABGB §1295 Ia2
ABGB §1400 C ABGB § 881 heute ABGB § 881 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916 ABGB § 1295 heute ABGB § 1295 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916 ABGB § 1400 heute ABGB § 1400 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


1 Ob 536/86 1 Ob 536/86 Entscheidungstext OGH 17.03.1986 1 Ob 536/86 Veröff: SZ 59/51 = ÖBA 1986/7 S 301 (zustimmend Koziol) = JBl 1986,381 = RdW 1986,207
1 Ob 516/88 1 Ob 516/88 Entscheidungstext OGH 16.03.1988 1 Ob 516/88 Veröff: SZ 61/64 = RdW 1988,287 = WBl 1988,331 (dazu Wilhelm) = ÖBA 1988,839 (Koziol)
2 Ob 613/89 2 Ob 613/89 Entscheidungstext OGH 31.01.1990 2 Ob 613/89 Auch; nur: Aus dem mit dem Kreditinstitut abgeschlossenen Girovertrag können sich Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter ergeben. Das reine Vermögen des Dritten ist aber nur dann geschützt, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten berührt werden. (T1); Beisatz: Vermögensschäden sind im Falle des Bestehens von Schutzpflichten dann zu ersetzen, wenn die Hauptleistung gerade dem Dritten zukommen sollte. (T2); Veröff: ecolex 1990,348 = ÖBA 1990,726
1 Ob 672/90 1 Ob 672/90 Entscheidungstext OGH 24.10.1990 1 Ob 672/90 nur T1; Beis wie T2; Veröff: SZ 63/187 = ÖBA 1991,525 (Canaris)
1 Ob 503/92 1 Ob 503/92 Entscheidungstext OGH 19.02.1992 1 Ob 503/92 Vgl auch; nur T1; Beisatz: Bei der Durchführung eines Überweisungsauftrages in Form der sogenannten zwischenbetrieblichen Überweisung ist auch das reine Vermögen grundsätzlich in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen. (T3); Veröff: SZ 65/20 = ÖBA 1992,841 = JBl 1992,713 (Iro)
1 Ob 580/94 1 Ob 580/94 Entscheidungstext OGH 25.10.1994 1 Ob 580/94 Auch; nur T1; Beis wie T2
1 Ob 637/94 1 Ob 637/94 Entscheidungstext OGH 23.11.1994 1 Ob 637/94 Vgl; nur: Das reine Vermögen des Dritten ist aber nur dann geschützt, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten berührt werden. (T4)
8 Ob 1556/95 8 Ob 1556/95 Entscheidungstext OGH 20.09.1995 8 Ob 1556/95 Vgl auch; nur T4
4 Ob 2259/96a 4 Ob 2259/96a Entscheidungstext OGH 15.10.1996 4 Ob 2259/96a nur T1; Beis wie T2; Beisatz: Ein Schuldverhältnis mit Schutzwirkungen für Dritte liegt dann vor, wenn der einen Vertragspartei gegenüber dem Dritten eine "Fürsorgepflicht" obliegt oder wenn sie auf die Sicherheit des Dritten ebensolchen Wert legt wie auf ihre eigene. Grundsätzlich ist demnach der Schuldner des Bankkunden kein Dritter im Sinne der Lehre von den Schutzwirkungen, trifft doch den Kunden im allgemeinen gegenüber seinen Schuldnern keine Schutzpflicht. (T5); Veröff: SZ 69/229
4 Ob 325/98t 4 Ob 325/98t Entscheidungstext OGH 26.01.1999 4 Ob 325/98t Vgl auch; Beis wie T3
2 Ob 5/00z 2 Ob 5/00z Entscheidungstext OGH 20.01.2000 2 Ob 5/00z Vgl auch; Beisatz: Allgemeine Pflichten eines Kreditinstituts, Schäden durch Untreuehandlungen in einer fremden Sphäre hintanzuhalten, sind nicht anzuerkennen. (T6); Veröff: SZ 73/11
7 Ob 188/99v 7 Ob 188/99v Entscheidungstext OGH 16.02.2000 7 Ob 188/99v Beis wie T2
1 Ob 143/00m 1 Ob 143/00m Entscheidungstext OGH 19.12.2000 1 Ob 143/00m Ähnlich; nur T4; Beis wie T2; Beisatz: Verwendet die das Girokonto führende Bank die auf dem Konto eingegangenen, vom Kontoinhaber gleichsam treuhänderisch zu haltenden Gelder zur Befriedigung einer eigenen Kreditforderung gegen den Kontoinhaber, obwohl sie weiß, dass es sich dabei um Treuhanderläge handelt, so macht sie sich gegenüber dem Treugeber, der die Gelder auf das Girokonto überweist, schadenersatzpflichtig. (T7); Beisatz: Bei deliktischer Schädigung wird eine Haftung für Vermögensschäden Dritter dann bejaht, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten mitverfolgt und dessen Entschlüsse beeinflusst wurden. (T8); Veröff: SZ 73/201
6 Ob 287/00z 6 Ob 287/00z Entscheidungstext OGH 27.09.2001 6 Ob 287/00z Vgl auch; Beis wie T6; Veröff: SZ 74/167
8 Ob 287/01s 8 Ob 287/01s Entscheidungstext OGH 28.11.2002 8 Ob 287/01s Vgl; nur T4; Beis wie T2; Beis wie T8
2 Ob 196/03t 2 Ob 196/03t Entscheidungstext OGH 12.09.2003 2 Ob 196/03t Vgl; Beisatz: Die Vernachlässigung der ihr obliegenden Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ist einer Bank als Verschulden zuzurechnen. (T9)
3 Ob 265/02w 3 Ob 265/02w Entscheidungstext OGH 22.10.2003 3 Ob 265/02w Auch; nur: Das reine Vermögen des Dritten ist aber nur dann geschützt, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten berührt werden, insbesondere wenn dessen Entschlüsse dadurch beeinflußt wurden. (T10)
9 Ob 128/03v 9 Ob 128/03v Entscheidungstext OGH 25.02.2004 9 Ob 128/03v nur T1; Beis wie T6; Beisatz: Beim Treuhandkonto soll die Leistung der Bank aber gerade an den Treuhänder und nicht an die Treugeber erfolgen. Es wäre widersprüchlich, wollte man zB annehmen, die Bank sei zwar nur gegenüber dem Treuhänder zur Auszahlung eines Guthabens verpflichtet, doch bei schuldhaftem Verzug stehe der Schadenersatzanspruch den Treugebern zu. Dazu kommt, dass der Ersatz reiner Vermögensschäden beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eher zurückhaltend beurteilt wird. (T11)
7 Ob 211/05p 7 Ob 211/05p Entscheidungstext OGH 28.11.2005 7 Ob 211/05p Vgl auch; Beis wie T6; Beis wie T11
4 Ob 230/06m 4 Ob 230/06m Entscheidungstext OGH 19.12.2006 4 Ob 230/06m Beis wie T2; Beis wie T6
3 Ob 166/08w 3 Ob 166/08w Entscheidungstext OGH 03.09.2008 3 Ob 166/08w Auch
8 Ob 145/09w 8 Ob 145/09w Entscheidungstext OGH 19.05.2010 8 Ob 145/09w Vgl; Beis wie T6; Beisatz: Der Zweck der Geldwäschevorschriften des BWG, insbesondere auch des § 41 leg cit, liegt in der Heranziehung der Finanzinstitute zur Unterstützung der Aufsichts- und Strafbehörden bei der Bekämpfung von Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung und demnach in der Verfolgung von Allgemeininteressen. Diese Bestimmungen sind aber keine Schutznormen zugunsten einzelner Geschädigter aus der Geldwäsche vorangegangenen Vor(straf)taten. (T12); Veröff: SZ 2010/57
8 Ob 166/09h 8 Ob 166/09h Entscheidungstext OGH 22.07.2010 8 Ob 166/09h Vgl auch; Beis wie T6; Beis wie T12
6 Ob 53/15k 6 Ob 53/15k Entscheidungstext OGH 27.04.2015 6 Ob 53/15k Auch; nur T1; Beis wie T2; nur T10