RECHTSPRECHUNG
RS0094263
Die Annahme eines Schadens hängt beim Betrug davon ab, ob der Getäuschte (oder ein Dritter) für die Sache, die er herausgibt, eine gleichwertige Gegenleistung erhält. Erhält der Getäuschte ein vermögenswertes Äquivalent, dann fehlt es an einem Vermögensschaden. Bei dieser Prüfung sind die Wertverhältnisse objektiv, aber gleichzeitig unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, zu beurteilen. Der Schaden besteht in der Differenz zwischen dem verrechneten Betrag und dem Marktwert. Erforderlich ist dabei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die auch auf die individuelle Interessenslage des Getäuschten Rücksicht nimmt und auf jenen Wert abstellt, den die Gegenleistung nach seinem Wirtschaftsplan, Vorstellungen und Wünschen, also speziell im Gesamtzusammenhang seines Vermögens unter Berücksichtigung etwaiger Verwertungsmöglichkeiten, hat. Auszugehen ist vom angemessenen (objektiven) Wert und nicht von den erhöhten Erwartungen eines Geschäftspartners. Eine unmittelbare Schadenskompensation ist zu berücksichtigen. Wenn die Gegenleistung wertlos ist, dann tritt der Schaden in voller Höhe der Leistung des Getäuschten ein.
- Rechtssatz:
Die Annahme eines Schadens hängt beim Betrug davon ab, ob der Getäuschte (oder ein Dritter) ein dem hingegebenen wirtschaftlichen Wert gemäßes Äquivalent erlangt. Dabei sind die Wertverhältnisse objektiv, doch unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.
- Gericht:
- OGH
- Geschäftszahl:
- 13Os96/75; 9Os132/75; 11Os45/76; 9Os1/76; 12Os173/76; 11Os27/77; 12Os44/77; 9Os5/79; 12Os175/80; 9Os112/80; 10Os145/81; 12Os107/82; 12Os112/83; 12Os32/85; 13Os98/85; 10Os142/85; 12Os28/86; 12Os2/86; 12Os116/86; 12Os102/86; 12Os150/86; 13Os183/86; 11Os88/86; 13Os17/92; 12Os46/93; 12Os165/93; 12Os161/95; 15Os196/96; 13Os78/98; 14Os11/02; 14Os100/03; 13Os85/06h; 15Os54/06i; 14Os53/10s; 11Os68/11a; 12Os26/11g; 11Os128/16g (11Os129/16d); 15Os121/16g; 14Os119/20m; 14Os45/23h
- Schlagworte:
- Verkehrswert
- Entscheidung:
- 06.09.2023
- Norm:
- StGB §146 C1
StGB §147 Abs1
StGB §147 Abs3
StGB §148 StGB § 146 heute StGB § 146 gültig ab 01.01.1975 StGB § 147 heute StGB § 147 gültig ab 11.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 201/2021 StGB § 147 gültig von 01.01.2016 bis 10.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 154/2015 StGB § 147 gültig von 01.01.2016 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2015 StGB § 147 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2009 StGB § 147 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2004 StGB § 147 gültig von 01.05.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2004 StGB § 147 gültig von 01.10.2002 bis 30.04.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002 StGB § 147 gültig von 01.01.2002 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2001 StGB § 147 gültig von 01.03.1988 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 605/1987 StGB § 147 heute StGB § 147 gültig ab 11.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 201/2021 StGB § 147 gültig von 01.01.2016 bis 10.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 154/2015 StGB § 147 gültig von 01.01.2016 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2015 StGB § 147 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2009 StGB § 147 gültig von 01.01.2005 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2004 StGB § 147 gültig von 01.05.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2004 StGB § 147 gültig von 01.10.2002 bis 30.04.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002 StGB § 147 gültig von 01.01.2002 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2001 StGB § 147 gültig von 01.03.1988 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 605/1987 StGB § 148 heute StGB § 148 gültig ab 01.01.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2015 StGB § 148 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2015 - Kategorie:
WEITERE INFORMATIONEN
Entscheidungstexte
13 Os 96/75 13 Os 96/75 Entscheidungstext OGH 04.11.1975 13 Os 96/75
9 Os 132/75 9 Os 132/75 Entscheidungstext OGH 08.04.1976 9 Os 132/75 Beisatz: Auf der subjektiven Tatseite ist (insoweit) das Bewußtsein des Täters erforderlich, gerade durch die Erweckung (oder Bestärkung) des Irrtums eine Vermögensverfügung des Getäuschten (oder des Dritten) und dadurch eine unmittelbare Vermögenseinbuße hervorzurufen; bedingter Vorsatz genügt. (T1) Veröff: SSt 47/22 = EvBl 1976/276 S 632
11 Os 45/76 11 Os 45/76 Entscheidungstext OGH 28.04.1976 11 Os 45/76 Vgl; Beisatz: Kein Schaden des Quartiergebers beim Beherbergungsvertrag im Umfang des in angemessener Frist realisierbaren Wertes ihm beim Verlassen des Quartiers vom Gast übergebener Gegenstände. In diesen Fällen kann der im Verschweigen der Barzahlungsunfähigkeit und Barzahlungsunwilligkeit zum Ausdruck kommende Täuschungsvorsatz allein nicht schon dem Bereicherungsvorsatz und Schädigungsvorsatz gleichgesetzt werden. (T2) Veröff: SSt 47/27
9 Os 1/76 9 Os 1/76 Entscheidungstext OGH 22.12.1976 9 Os 1/76 Beisatz: Der Schaden besteht in der Differenz zwischen dem verrechneten Betrag und dem Marktwert. (T3)
12 Os 173/76 12 Os 173/76 Entscheidungstext OGH 03.02.1977 12 Os 173/76 Vgl; Beisatz: Kein Äquivalent bei Lieferung eines aliud, das (hier: mangels Verwertungsmöglichkeit verkehrsunfähigen Weines) in keiner Weise vermögensvermehrend wirkt. (T4) Veröff: SSt 48/5 = EvBl 1977/181 S 400 = RZ 1977/47 S 84
11 Os 27/77 11 Os 27/77 Entscheidungstext OGH 07.03.1977 11 Os 27/77 Vgl; Beis wie T2
12 Os 44/77 12 Os 44/77 Entscheidungstext OGH 02.06.1977 12 Os 44/77
9 Os 5/79 9 Os 5/79 Entscheidungstext OGH 22.04.1980 9 Os 5/79 Veröff: SSt 51/19 = JBl 1980,605
12 Os 175/80 12 Os 175/80 Entscheidungstext OGH 02.04.1981 12 Os 175/80 Vgl; Beisatz: Wird ein "Auslesewein", der (durch Zusätze) geschmacklich annähernd einem "Beerenauslesewein" entspricht und als solcher auch von der Weingütesiegelkommission durch Bewilligung des Weingütesiegels anerkannt wird, als "Beerenauslesewein" verkauft, so tritt bei den Konsumenten, denen es in erster Linie auf die Qualität, nicht aber auf die Bezeichnung des Weines ankommt, im Regelfall ein relevanter Schaden nicht ein. (T5) Veröff: SSt 52/20 = EvBl 1981/203 S 579
9 Os 112/80 9 Os 112/80 Entscheidungstext OGH 24.11.1981 9 Os 112/80 Ähnlich; nur: Die Annahme eines Schadens hängt beim Betrug davon ab, ob der Getäuschte (oder ein Dritter) ein dem hingegebenen wirtschaftlichen Wert gemäßes Äquivalent erlangt. (T6) Veröff: SSt 52/60
10 Os 145/81 10 Os 145/81 Entscheidungstext OGH 03.08.1982 10 Os 145/81 Vgl auch; Beisatz: Wirtschaftliche Betrachtungsweise die auch auf die individuelle Interessenslage des Getäuschten Bedacht nimmt und auf jenen Wert abstellt, der der Gegenleistung nach dessen Wirtschaftsplan, Vorstellungen und Wünschen, also speziell im Gesamtzusammenhang seines Vermögens zukommt (hier: zu einer streitverfangenen Sache). (T7)
12 Os 107/82 12 Os 107/82 Entscheidungstext OGH 02.12.1982 12 Os 107/82 Vgl auch; nur T6
12 Os 112/83 12 Os 112/83 Entscheidungstext OGH 08.09.1983 12 Os 112/83 Vgl; Beis wie T2
12 Os 32/85 12 Os 32/85 Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 32/85 Vgl auch; nur T6
13 Os 98/85 13 Os 98/85 Entscheidungstext OGH 05.09.1985 13 Os 98/85 Vgl auch; nur T6; Veröff: SSt 56/61
10 Os 142/85 10 Os 142/85 Entscheidungstext OGH 17.12.1985 10 Os 142/85 Vgl auch; nur T6
12 Os 28/86 12 Os 28/86 Entscheidungstext OGH 24.04.1986 12 Os 28/86 Vgl; Veröff: EvBl 1987/22 S 92 = JBl 1987,259
12 Os 2/86 12 Os 2/86 Entscheidungstext OGH 03.07.1986 12 Os 2/86 Beisatz: Sofern der (hier vom Verkaufsvermittler über den vom Verkäufer geforderten Preis) Getäuschte von sich aus am Erwerb der erlangten Sache interessiert war. (T8)
12 Os 116/86 12 Os 116/86 Entscheidungstext OGH 18.09.1986 12 Os 116/86 Vgl auch; nur T6; Beisatz: Berücksichtigung unmittelbarer Schadenskompensation. (T9)
12 Os 102/86 12 Os 102/86 Entscheidungstext OGH 25.09.1986 12 Os 102/86 Vgl auch; nur T6; Beis wie T4
12 Os 150/86 12 Os 150/86 Entscheidungstext OGH 27.11.1986 12 Os 150/86 Vgl auch; Beisatz: Besicherung durch Hypothek. (T10) Veröff: SSt 57/90
13 Os 183/86 13 Os 183/86 Entscheidungstext OGH 19.02.1987 13 Os 183/86 Vgl auch; nur T6; Beisatz: Geschädigt ist nur, wer für die Hingabe eines wirtschaftlichen Werts kein Äquivalent erhält. (T11) Veröff: EvBl 1987/183 S 659 = JBl 1987,395 = RZ 1987/31 S 120 = ern 1987,427
11 Os 88/86 11 Os 88/86 Entscheidungstext OGH 31.03.1987 11 Os 88/86 Vgl auch; nur T6
13 Os 17/92 13 Os 17/92 Entscheidungstext OGH 20.05.1992 13 Os 17/92
12 Os 46/93 12 Os 46/93 Entscheidungstext OGH 24.06.1993 12 Os 46/93 Vgl auch; Beisatz: Auszugehen ist vom angemessenen (objektiven) Wert und nicht von den erhöhten Erwartungen eines Geschäftspartners. (T12)
12 Os 165/93 12 Os 165/93 Entscheidungstext OGH 07.04.1994 12 Os 165/93 nur T6
12 Os 161/95 12 Os 161/95 Entscheidungstext OGH 14.12.1995 12 Os 161/95 Vgl auch
15 Os 196/96 15 Os 196/96 Entscheidungstext OGH 16.01.1997 15 Os 196/96 Vgl; Beis wie T2
13 Os 78/98 13 Os 78/98 Entscheidungstext OGH 01.07.1998 13 Os 78/98 Auch; Beisatz: Erhält der Getäuschte ein vermögenswertes Äquivalent, fehlt es an dem für die Annahme eines Betruges erforderlichen Vermögensschaden. (T13)
14 Os 11/02 14 Os 11/02 Entscheidungstext OGH 28.05.2002 14 Os 11/02 Auch; nur T6
14 Os 100/03 14 Os 100/03 Entscheidungstext OGH 17.02.2004 14 Os 100/03 Auch; Beis wie T11
13 Os 85/06h 13 Os 85/06h Entscheidungstext OGH 11.10.2006 13 Os 85/06h Vgl auch; Beisatz: Zur Ermittlung des Schadens durch betrügerisch herausgelockte Zahlungen für eine Bauführung sind von der gleisteten Zahlung der jeweiligen Bauwerber die Leistungen des Bauunternehmers in Abzug zu bringen. Diese sind bei erfolgreicher Verwertung durch Fertigstellung der begonnenen Bauführung nach ihrem generellen Verkehrswert (Marktwert) zu berechnen. Wird im Einzelfall nicht mehr bezahlt, als dem Wert der solcherart berechneten Gegenleistung entspricht, ist insoweit ein Freispruch zu fällen. (T14)
15 Os 54/06i 15 Os 54/06i Entscheidungstext OGH 08.08.2007 15 Os 54/06i Vgl auch; Beisatz: Die Rechtsrüge hat darzulegen, aus welchen konkreten Umständen eine Befriedigung der Inhaber der Gegenstände, bezüglich welcher ein Retentionsrecht besteht, innerhalb angemessener Frist möglich gewesen wäre und insoweit ein Vermögensschaden nicht eingetreten sein sollte. (T15)
14 Os 53/10s 14 Os 53/10s Entscheidungstext OGH 18.05.2010 14 Os 53/10s Vgl
11 Os 68/11a 11 Os 68/11a Entscheidungstext OGH 25.08.2011 11 Os 68/11a Vgl auch; Beis ähnlich wie T3; Beis ähnlich wie T7; Beisatz: Es muss mitberücksichtigt werden, welcher Wert der Gegenleistung im Gesamtzusammenhang des Vermögens des Opfers unter Berücksichtigung etwaiger Verwertungsmöglichkeiten zukommt (objektiv‑individueller Maßstab). (T16); Beisatz: Sofern die Gegenleistung unter diesen opferbezogenen Gesichtspunkten als wertlos zu qualifizieren ist, tritt der Schaden in voller Höhe der irrtumsgemäßen Leistung des Getäuschten ein. (T17)
12 Os 26/11g 12 Os 26/11g Entscheidungstext OGH 20.09.2011 12 Os 26/11g Auch
11 Os 128/16g 11 Os 128/16g Entscheidungstext OGH 14.02.2017 11 Os 128/16g Auch
15 Os 121/16g 15 Os 121/16g Entscheidungstext OGH 15.02.2017 15 Os 121/16g Auch
14 Os 119/20m 14 Os 119/20m Entscheidungstext OGH 27.04.2021 14 Os 119/20m Vgl; Beis wie T17; Beisatz: In die Bewertung der Gegenleistung sind auch opferbezogene Faktoren einzubeziehen, wobei die persönlichen Vorstellungen des Opfers und dessen Präferenzen („persönlicher Wirtschaftsplan“) zu berücksichtigen sind. Nur (aus wirtschaftlicher Sicht) willkürliche Individualinteressen haben außer Betracht zu bleiben. (T18) Beisatz: Hier: Kriterien zur Bewertung der Arbeitsleistung eines gedopten Berufsradrennfahrers unter dem Gesichtspunkt individueller Nützlichkeit der Leistung für dessen Dienstgeber (Radrennmannschaften). (T19)
14 Os 45/23h 14 Os 45/23h Entscheidungstext OGH 06.09.2023 14 Os 45/23h vgl