Rechtsprechung

RS0060065

Ein Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen liegt dann vor, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung kreditunfähig war, wenn sie also von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr hätte erhalten können und ohne die Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen hätte liquidiert werden müssen. Auch das Belassen (“ Stehenlassen“) von Fremdmitteln im Gesellschaftsvermögen kann eine eigenkapitalersetzende Finanzierungsentscheidung sein. Dazu ist es erforderlich, dass der Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft über den Zeitpunkt hinaus, von dem an ordentlich Kaufleute der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt hätten, weil sie zu marktüblichen Bedingungen am Kapitalmarkt kein Fremdkapital mehr ohne Besicherung durch Gesellschaft oder Dritte bekommen hätte, bewusst nicht geltend gemacht wurde. Weiters, dass die Gesellschaft bereits zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Konkurseröffnung kreditunwürdig war und damals die der Gesellschaft gewährten Kredite „stehengelassen“ bzw die gegen die bestehenden Forderungen gestundet wurden (T1 des RS). Auch die Stundung von Geldforderungen kann eine dem Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterdarlehen gleichwertige Art der Zuführung von Liquidität an die Gesellschaft sein (T12 des RS). Die ältere Rechtsprechung, die die Regelungen zum Verbot der Einlagenrückgewähr analog anwandte, ist seit Erlassung des EKEG überholt (T21 des RS).

Rechtssatz:

Ein Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen liegt dann vor, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung kreditunfähig war, wenn sie also von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen keinen Kredit mehr hätte erhalten können und ohne die Zuführung von Eigenkapital oder Gesellschafterdarlehen hätte liquidiert werden müssen.

Gericht:
OGH
Geschäftszahl:
1Ob617/91; 8Ob28/93; 1Ob568/95; 7Ob633/95 (7Ob634/95); 8Ob2148/96g; 8ObS2107/96b; 1Ob2044/96m; 8Ob254/97d; 4Ob344/97k; 8Ob336/97p; 7Ob366/98v; 8ObS5/00v; 8ObS4/00x; 8Ob296/01i; 8ObS200/02y; 6Ob18/03w; 8Ob259/02z; 6Ob282/03v; 9ObA124/03f; 8ObS11/04; 7Ob288/04k; 8ObS5/06b; 8Ob125/07a; 8Ob137/09v; 10Ob91/11x; 17Ob14/20p
Entscheidung:
24.11.2020
Norm:
GmbHG §74 GmbHG § 74 heute GmbHG § 74 gültig ab 01.01.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991

Entscheidungstexte





















8 ObS 11/04 8 ObS 11/04 Entscheidungstext OGH 22.12.2004 8 ObS 11/04 Vgl auch; Beisatz: Der Gesellschafter, der eine notleidend gewordene GmbH durch Gewährung von Darlehen am Leben zu halten versucht, statt ihr Eigenkapital zuzuführen, schmälert den ohnehin schon unzureichenden Haftungsfond für die übrigen Gläubiger und ist zur Darlehensgewährung regelmäßig auch nur deshalb bereit, da er sich von dem Weiterbetrieb der GmbH Vorteile verspricht. Wenngleich die Verantwortung zur ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung den Gesellschafter nicht dazu verpflichtet, in der Krise fehlendes Kapital aus eigenem Vermögen nachzuschießen, kann er aber nicht zum Nachteil der übrigen Gläubiger statt dieser Finanzierungsform auf Darlehen ausweichen und damit das Finanzierungsrisiko auf diese anderen Gläubiger überwälzen. (T16)