Rechtsprechung

RS0107161

Die widerspruchslose Entgegennahme eines Lieferscheins, in dem der Lieferant erstmals einen Eigentumsvorbehalt erklärt, kann für sich allein nicht als Einverständnis des Übernehmers gedeutet werden. Dazu bedürfte es im Sinne des § 863 ABGB besonderer Umstände, die jeden vernünftigen Grund, an diesem Einverständnis zu zweifeln, beseitigen, etwa besonderer Gepflogenheit im Geschäftsverkehr der Vertragspartner untereinander oder mit den konkret betroffenen Waren. Ein Eigentumsvorbehalt kann daher nicht einseitig nach Vertragsabschluss erklärt werden, sondern müsste spätestens bei Vertragsabschluss vereinbart worden sein. Denn geht man von der üblichen Funktion eines Übernahmescheins sowie davon aus, dass der Übernehmer auf darin enthaltene besondere Klauseln nicht gesondert hingewiesen wird, dann darf der Übernehmer bei Unterfertigung des Übernahmescheine davon ausgehen, damit lediglich den Erhalt bestimmter Gegenstände zu quittieren.

Rechtssatz:

Die widerspruchslose Entgegennahme eines Lieferscheins, in dem der Lieferant erstmals - als Vorschlag zur Abänderung der bisherigen Vereinbarung - einen Eigentumsvorbehalt erklärt, kann für sich allein nicht als Einverständnis des Übernehmers gedeutet werden. Dazu bedürfte es im Sinne des § 863 ABGB besonderer Umstände, die jeden vernünftigen Grund, an diesem Einverständnis zu zweifeln, beseitigen, etwa besonderer Gepflogenheit im Geschäftsverkehr der Vertragspartner untereinander oder mit den konkret betroffenen Waren; Festhalten daher an der Unwirksamkeit des einseitigen Eigentumsvorbehalts ohne abschließenden Stellungnahme zu den unterschiedlichen Lehrmeinungen.

Gericht:
OGH
Geschäftszahl:
5Ob18/97a; 6Ob306/02x; 9ObA81/04h; 4Ob59/08t; 2Ob188/11b
Entscheidung:
11.02.1997
Norm:
ABGB §863
ABGB §1063 A1