Rechtsprechung

RS0117589

Ein Kaufinteressent kann gewöhnlicherweise erwarten, dass ein zu Probefahrten bestimmtes Kraftfahrzeug (Vorführwagen) vollkaskoversichert ist. Ist dies nicht der Fall, dann muss der Händler den Kaufinteressenten über die fehlende Versicherung schon vor Antritt der Probefahrt aufklären. Unterblieb eine solche Aufklärung, so haftet der Kaufinteressent nicht für leicht fahrlässige Beschädigungen des Kraftfahrzeugs, wenn der Schaden in Verwirklichung einer für Probefahrten typischen Gefahr eintrat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Unfall aus der Ungewohntheit des Fahrzeugs resultiert.

Rechtssatz:

Schloss der Kraftfahrzeughändler für zu Probefahrten bestimmte Kraftfahrzeuge, namentlich für Vorführwagen keine - sein wirtschaftliches Risiko begrenzende - (Voll-)Kaskoversicherung ab, will er aber das Risiko einer leicht fahrlässigen Beschädigung des Fahrzeugs anlässlich einer Probefahrt dennoch nicht selbst tragen, so muss er den Kaufinteressenten über die fehlende Versicherung schon vor Antritt der Probefahrt aufklären. Unterblieb eine solche Aufklärung, so folgt daraus als konkludente Vereinbarung im Sinne des § 863 Abs 2 ABGB, dass der Kaufinteressent für leicht fahrlässige Beschädigungen des Kraftfahrzeugs dann nicht haften soll, wenn der Schaden in Verwirklichung einer für Probefahrten typischen Gefahr eintrat. Besteht für das Fahrzeug eine (Voll-)Kaskoversicherung und will der Händler im Schadensfall auch den Selbstbehalt nicht tragen, so muss er den Kunden auch über diese Risikoverteilung schon vor Antritt der Probefahrt informieren.

Gericht:
OGH
Geschäftszahl:
1Ob35/03h; 2Ob289/03v
Entscheidung:
25.03.2003
Norm:
ABGB §861
ABGB §863 Abs2 M
ABGB §879
ABGB §1295 Abs1 IIf7a