Rechtsprechung

RS0126148

Eine Haftung der Entschädigungseinrichtung für Wertpapierfirmen tritt dann ein, wenn es zum „direkten“ Halten von Geldern und Finanzinstrumenten durch eine Wertpapierfirma gekommen ist und die Mittel aufgrund der Insolvenz der Wertpapierfirma nicht mehr an die Anleger zurückgeführt werden können. Ein unmittelbares Halten liegt auch dann vor, wenn die Wertpapierfirma zunächst vereinbarungsgemäß vorgenommene Veranlagungen (teilweise) wieder rückgängig macht und im Zuge der Veranlagung geschaffene Finanzinstrumente veräußert und selbst den Erlös vereinnahmt, anstelle diese Mittel an die Anleger zurückzuführen. Als „Halten“ kommt weiters auch ein mittelbares Halten in Betracht. Ein solches liegt etwa vor, wenn sich nicht die Wertpapierfirma selbst, sondern eine Tochtergesellschaft oder ein mit der Wertpapierfirma sonst rechtlich oder wirtschaftlich verbundener Rechtsträger die Kundengelder oder die Finanzinstrumente aneignet. In Betracht kommt etwa eine Verflechtung der beiden Rechtsträger im Sinn einer Beherrschung oder einer weitgehenden Identität der Eigentümer. Die Haftung besteht auch bei komplexen, für Außenstehende nicht zu durchschauenden Konstruktionen.

Rechtssatz:

Das „direkte“ Halten von Geldern und Finanzinstrumenten durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen löst die Entschädigungshaftung aus, wenn die Mittel wegen des Konkurses nicht mehr an die Anleger zurückgeführt werden können. Ein unmittelbares verpöntes Halten durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen liegt aber auch dann vor, wenn dieses zunächst vereinbarungsgemäß vorgenommene Veranlagungen (teilweise) wieder rückgängig macht und im Zuge der Veranlagung geschaffene Finanzinstrumente veräußert und selbst den Erlös vereinnahmt, anstelle diese Mittel an die Anleger zurückzuführen. Wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw seine Organe so Einfluss auf einen Dritten nehmen, dass Zahlungen nicht widmungsgemäß einem Wertpapierverrechnungskonto der Anleger gutgeschrieben oder an diese abgeführt, sondern einem Dritten zugeführt werden, kann noch eine dritte Fallkonstellation für ein haftungsbegründendes Halten gegeben sein.

Gericht:
OGH
Geschäftszahl:
9Ob50/09g; 6Ob235/09s; 7Ob165/10f; 8Ob45/13w; 2Ob171/12d; 4Ob182/12m; 4Ob89/13m; 4Ob40/13f; 6Ob98/13z; 4Ob141/15m; 7Ob116/15g; 6Ob119/15s; 1Ob117/18i; 10Ob4/19i
Entscheidung:
07.05.2019
Norm:
WAG §20 Abs1 Z4
WAG §23b
WAG §23c
WAG §23d
WAG §23e
WAG 2007 §75 WAG Art. 1 § 20 gültig von 01.04.2002 bis 31.10.2007 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 60/2007 WAG Art. 1 § 20 gültig von 01.01.2002 bis 31.03.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2001 WAG Art. 1 § 20 gültig von 01.05.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1999 WAG Art. 1 § 20 gültig von 01.01.1998 bis 30.04.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 11/1998 WAG Art. 1 § 20 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.1997 WAG Art. 1 § 23b gültig von 01.05.1999 bis 31.10.2007 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 60/2007 WAG Art. 1 § 23c gültig von 01.04.2002 bis 31.10.2007 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 60/2007 WAG Art. 1 § 23c gültig von 01.05.1999 bis 31.03.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1999 WAG Art. 1 § 23d gültig von 01.04.2002 bis 31.10.2007 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 60/2007 WAG Art. 1 § 23d gültig von 01.05.1999 bis 31.03.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1999 WAG Art. 1 § 23e gültig von 01.04.2002 bis 31.10.2007 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 60/2007 WAG Art. 1 § 23e gültig von 01.05.1999 bis 31.03.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1999 WAG 2007 § 75 gültig von 15.08.2015 bis 02.01.2018 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 107/2017 WAG 2007 § 75 gültig von 01.05.2009 bis 14.08.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2009 WAG 2007 § 75 gültig von 29.12.2007 bis 30.04.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2007 WAG 2007 § 75 gültig von 01.11.2007 bis 28.12.2007

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