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RECHTSPRECHUNG


RS0014900


Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nicht aus. Aus einem (generellen) Verzicht auf Gewährleistung kann nicht in jedem Fall auf den Verzicht auf die Irrtumsanfechtung geschlossen werden. Wurde aber die Haftung für einen bestimmten Umstand ausgeschlossen, so scheidet auch die Berufung auf Irrtum aus. Denn die Auslegung des Vertrags wird in diesem Fall ergeben, dass der Ausschluss der Gewährleistung für eine bestimmte Eigenschaft auch einen Verzicht auf die Irrtumsanfechtung für diesen Umstand umfasst. Beispiel: Ein zwischen Privatpersonen abgeschlossener Kaufvertrag über einen Gebraucht-PKW, dessen Mängel beiden Parteien trotz ÖAMTC-Ankaufsprüfung nicht bekannt waren, beinhaltete die Klauseln „Auto wurde so gekauft wie gesehen und Probe gefahren, mit Unfallschaden keine Garantie.“ und „Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeuges keine Gewährleistung“. Der Oberste Gerichtshof erachtete diese Vereinbarung als wirksamen Ausschluss jeglicher Einwände aufgrund des Zustands des Fahrzeugs.


Rechtssatz:

Der Verzicht auf Gewährleistung schließt die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nicht aus. Ein Ausschluss dieser Anfechtung ist unzulässig. Dem Geschäftsherrn ist die Irreführung durch eine Person zuzurechnen, die für ihn und in seinem Interesse bei der Vorbereitung des Geschäftes tätig geworden ist, gleichgültig ob diese Person bevollmächtigt war oder sich innerhalb der Grenzen der ihr erteilten Vollmacht gehalten hat (wie SZ 33/114).

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
6Ob337/64; 8Ob368/65; 6Ob83/68; 4Ob589/69; 8Ob158/70; 1Ob61/71; 4Ob651/71; 5Ob46/72; 1Ob26/75; 1Ob207/75; 1Ob599/78; 5Ob748/79; 7Ob651/81; 3Ob542/87; 8Ob98/08g; 3Ob111/09h; 2Ob176/10m; 9Ob10/15h; 3Ob35/17v

Schlagworte:

Entscheidung:
16.12.1964

Norm:
ABGB §871 A
ABGB §929

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


6 Ob 337/64 6 Ob 337/64 Entscheidungstext OGH 16.12.1964 6 Ob 337/64 Veröff: EvBl 1965/302 S 464 = HS 4321 = HS 4087
8 Ob 368/65 8 Ob 368/65 Entscheidungstext OGH 18.01.1966 8 Ob 368/65
6 Ob 83/68 6 Ob 83/68 Entscheidungstext OGH 20.03.1968 6 Ob 83/68 nur: Der Verzicht auf Gewährleistung schließt die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nicht aus. Ein Ausschluss dieser Anfechtung ist unzulässig. (T1) Veröff: SZ 41/33 = EvBl 1968/395 S 628 = JBl 1969,147
4 Ob 589/69 4 Ob 589/69 Entscheidungstext OGH 02.12.1969 4 Ob 589/69 nur T1; Veröff: SZ 42/180
8 Ob 158/70 8 Ob 158/70 Entscheidungstext OGH 07.07.1970 8 Ob 158/70 Veröff: SZ 43/123
1 Ob 61/71 1 Ob 61/71 Entscheidungstext OGH 25.03.1971 1 Ob 61/71 nur: Dem Geschäftsherrn ist die Irreführung durch eine Person zuzurechnen, die für ihn und in seinem Interesse bei der Vorbereitung des Geschäftes tätig geworden ist, gleichgültig ob diese Person bevollmächtigt war oder sich innerhalb der Grenzen der ihr erteilten Vollmacht gehalten hat (wie SZ 33/114). (T2)
4 Ob 651/71 4 Ob 651/71 Entscheidungstext OGH 22.02.1972 4 Ob 651/71 nur T2
5 Ob 46/72 5 Ob 46/72 Entscheidungstext OGH 08.03.1972 5 Ob 46/72 nur T2
1 Ob 26/75 1 Ob 26/75 Entscheidungstext OGH 30.04.1975 1 Ob 26/75 nur T1
1 Ob 207/75 1 Ob 207/75 Entscheidungstext OGH 08.10.1975 1 Ob 207/75 nur T1; Veröff: EvBl 1976/125 S 239 = JBl 1976,646
1 Ob 599/78 1 Ob 599/78 Entscheidungstext OGH 26.04.1978 1 Ob 599/78 nur T1
5 Ob 748/79 5 Ob 748/79 Entscheidungstext OGH 15.01.1980 5 Ob 748/79 nur T1
7 Ob 651/81 7 Ob 651/81 Entscheidungstext OGH 09.07.1981 7 Ob 651/81 nur T1
3 Ob 542/87 3 Ob 542/87 Entscheidungstext OGH 11.11.1987 3 Ob 542/87 nur T1
8 Ob 98/08g 8 Ob 98/08g Entscheidungstext OGH 16.12.2008 8 Ob 98/08g Vgl aber; Beisatz: Aus einem (generellen) Verzicht auf Gewährleistung kann nicht in jedem Fall auf den Verzicht auf die Irrtumsanfechtung geschlossen werden. Wurde aber die Haftung für einen bestimmten Umstand ausgeschlossen, so scheidet auch die Berufung auf Irrtum aus. (T3) Beisatz: Hier: Der zwischen Privatpersonen abgeschlossene Kaufvertrag über einen Gebraucht-PKW, dessen Mängel beiden Parteien trotz ÖAMTC-Ankaufsprüfung nicht bekannt waren, beinhaltete die Klauseln „Auto wurde so gekauft wie gesehen und Probe gefahren, mit Unfallschaden keine Garantie." und „Der Verkäufer übernimmt für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeuges keine Gewährleistung". Der Oberste Gerichtshof erachtete diese Vereinbarung als wirksamen Ausschluss jeglicher Einwände gegen den Vertrag aus dem Zustand des Fahrzeugs - insbesondere aus einem vom Verkäufer ausdrücklich erwähnten (und erkennbaren) Unfallschaden. (T4) Bem: Siehe auch RS0124357. (T5) Veröff: SZ 2008/182
3 Ob 111/09h 3 Ob 111/09h Entscheidungstext OGH 22.10.2009 3 Ob 111/09h Auch; nur T1
2 Ob 176/10m 2 Ob 176/10m Entscheidungstext OGH 22.06.2011 2 Ob 176/10m Auch; nur: Der Verzicht auf Gewährleistung schließt die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nicht aus. (T6) Vgl Beis wie T3
9 Ob 10/15h 9 Ob 10/15h Entscheidungstext OGH 20.03.2015 9 Ob 10/15h Vgl aber; nur T6; Beisatz: Die Vertragsauslegung kann im Einzelfall ergeben, dass der Ausschluss der Gewährleistung für einen bestimmten Umstand auch einen Verzicht auf die Irrtumsanfechtung für diesen Umstand umfasst. Das wird im Regelfall für schlicht veranlasste Eigenschaftsirrtümer gelten, weil Vertragspartner, die einen Ausschluss der Gewährleistung für einen bestimmt bezeichneten Umstand vereinbaren, erkennbar auch jedes andere (unverschuldete) Einstehenmüssen für diesen Umstand ausschließen wollen. (T7)
3 Ob 35/17v 3 Ob 35/17v Entscheidungstext OGH 29.03.2017 3 Ob 35/17v Vgl aber; nur T6; Beis wie T7