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RECHTSPRECHUNG


RS0022044


Bei der Frage nach der Unverhältnismäßigkeit eines Verbesserungsaufwandes ist nicht allein die Höhe der Behebungskosten ausschlaggebend, sondern es ist vor allem auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen. Wenn sich der Mangel eher nur als geringer Nachteil im Gebrauch darstellt, können schon verhältnismäßig geringe Behebungskosten „unverhältnismäßig“ sein, wenn der Mangel den Gebrauch aber entscheidend beeinträchtigt, dann sind auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen. Lässt sich jemand, wie dies hier zweifellos zutrifft, ein insbesondere auch mit Rücksicht auf optische Qualität besonders kostspieliges Werk errichten, kommt selbstverständlich auch der Ästhetik eine gewisse Werksfunktion zu. Es erschiene daher unbillig, den Besteller eines solches Werks, das einen störenden optischen Mangel aufweist, der nur mit hohem Aufwand beseitigbar ist, darauf zu verweisen, dass die Funktionalität ohnehin gewahrt sei. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, das teure Fliesen nicht (nur) wegen ihrer besseren Gebrauchstauglichkeit, sondern auch und wohl sogar vorwiegend aus optischen, ästhetischen Gründen gekauft werden. Das volle Leistungsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist (missbräuchliche Rechtsausübung).


Rechtssatz:

Bei der Frage nach der Unverhältnismäßigkeit des Verbesserungsaufwandes ist nicht allein die Höhe der Behebungskosten ausschlaggebend, sondern es ist vor allem auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen. Wenn sich der Mangel eher nur als geringer Nachteil im Gebrauch darstellt, können schon verhältnismäßig geringe Behebungskosten "unverhältnismäßig" sein, wenn der Mangel den Gebrauch aber entscheidend beeinträchtigt, dann sind auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
3Ob552/89; 5Ob102/90; 7Ob131/99m; 7Ob238/99x; 2Ob133/98t; 8Ob97/00y; 5Ob44/01h; 7Ob187/01b; 6Ob110/02y; 7Ob235/02p; 3Ob91/02g; 7Ob33/04k; 6Ob147/04t; 7Ob103/05f; 6Ob80/05s; 5Ob57/06b; 8Ob108/06z; 6Ob274/06x; 7Ob67/07i; 6Ob241/06v; 6Ob134/08m; 5Ob107/08h; 7Ob211/09v; 2Ob135/10g; 5Ob108/11k; 5Ob127/11d; 5Ob126/12h; 2Ob123/12w; 5Ob172/13z; 4Ob44/14w; 7Ob29/15p

Schlagworte:

Entscheidung:
04.10.1989

Norm:
ABGB §932 VIId
ABGB §1167

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


3 Ob 552/89 3 Ob 552/89 Entscheidungstext OGH 04.10.1989 3 Ob 552/89 Veröff: RdW 1990,109 (siehe Glosse von Gruber RdW 1990,434) = JBl 1990,461 = RZ 1990/90 S 206
5 Ob 102/90 5 Ob 102/90 Entscheidungstext OGH 27.11.1990 5 Ob 102/90 Auch; Veröff: ÖBA 1991,121 (Call)
7 Ob 131/99m 7 Ob 131/99m Entscheidungstext OGH 23.06.1999 7 Ob 131/99m Beisatz: Lässt sich jemand, wie dies hier zweifellos zutrifft, ein insbesondere auch mit Rücksicht auf optische Qualität besonders kostspieliges Werk errichten, kommt selbstverständlich auch der Ästhetik eine gewisse Werksfunktion zu. Es erschiene daher unbillig, den Besteller eines solches Werks, das einen störenden optischen Mangel aufweist, der nur mit hohem Aufwand beseitigbar ist, darauf zu verweisen, dass die Funktionalität ohnehin gewahrt sei. Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, das teure Fliesen nicht (nur) wegen ihrer besseren Gebrauchstauglichkeit, sondern auch und wohl sogar vorwiegend aus optischen, ästhetischen Gründen gekauft werden. (T1) Beisatz: Hier: Neuverfließung des Bodens. (T2)
7 Ob 238/99x 7 Ob 238/99x Entscheidungstext OGH 27.10.1999 7 Ob 238/99x Beisatz: Soweit nur optische oder funktionell das heißt bei Gebrauch des Werkes nicht ins Gewicht fallende Mängel vorliegen, ist eine Unverhältnismäßigkeit der den Klagsbetrag zumindest erreichenden Sanierung durch Erneuerung praktisch der gesamten Kunstharzbeschichtung zu bejahen. (T3)
2 Ob 133/98t 2 Ob 133/98t Entscheidungstext OGH 25.11.1999 2 Ob 133/98t Vgl auch; Beis wie T1 nur: Lässt sich jemand, ein insbesondere auch mit Rücksicht auf optische Qualität besonders kostspieliges Werk errichten, kommt selbstverständlich auch der Ästhetik eine gewisse Werksfunktion zu. (T4) Beisatz: Wenn der Gebrauch in der Erweckung eines ästhetischen Eindrucks liegt ist nach den Kriterien wie beim Rechtsmangel vorzugehen. (T5)
8 Ob 97/00y 8 Ob 97/00y Entscheidungstext OGH 29.06.2000 8 Ob 97/00y Veröff: SZ 73/109
5 Ob 44/01h 5 Ob 44/01h Entscheidungstext OGH 13.03.2001 5 Ob 44/01h Auch; nur: Bei der Frage nach der Unverhältnismäßigkeit des Verbesserungsaufwandes ist nicht allein die Höhe der Behebungskosten ausschlaggebend, sondern es ist vor allem auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen. (T6) Beisatz: Ein Verbesserungsanspruch fehlt, wenn die begehrte Verbesserung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 1167 ABGB). Das ist dann der Fall, wenn der Verbesserungsaufwand in keinem Verhältnis zu dem dadurch für den Besteller zu erzielenden Vorteil aus der Verbesserung und dem Nachteil steht, den für ihn der Mangel bedeutet. (T7) Beisatz: Auch ein allfälliger Anspruch auf Neuherstellung des Werks ist an diesen Grundsätzen zu messen. (T8)
7 Ob 187/01b 7 Ob 187/01b Entscheidungstext OGH 26.09.2001 7 Ob 187/01b Auch; Beis wie T4
6 Ob 110/02y 6 Ob 110/02y Entscheidungstext OGH 16.05.2002 6 Ob 110/02y nur T6; Beisatz: So können selbst "Schönheitsfehler", die die Funktionalität eines Werkes nicht beeinträchtigen und nur mit hohem Aufwand beseitigt werden können, unter bestimmten Voraussetzungen die Verbesserung nicht unzumutbar erscheinen lassen. (T9)
7 Ob 235/02p 7 Ob 235/02p Entscheidungstext OGH 13.11.2002 7 Ob 235/02p Beis wie T1 nur: Lässt sich jemand, wie dies hier zweifellos zutrifft, ein insbesondere auch mit Rücksicht auf optische Qualität besonders kostspieliges Werk errichten, kommt selbstverständlich auch der Ästhetik eine gewisse Werksfunktion zu. Es erschiene daher unbillig, den Besteller eines solches Werks, das einen störenden optischen Mangel aufweist, der nur mit hohem Aufwand beseitigbar ist, darauf zu verweisen, dass die Funktionalität ohnehin gewahrt sei. (T10) Veröff: SZ 2002/152
3 Ob 91/02g 3 Ob 91/02g Entscheidungstext OGH 29.01.2003 3 Ob 91/02g Vgl auch; Beisatz: Auf der Seite des Bestellers kommt es vor allem darauf an, inwieweit der Mangel den Gebrauch beeinträchtigt. (T11) Beisatz: Je höher der Vorteil für den Gewährleistungsgläubiger ist, desto eher ist der Verbesserungsaufwand verhältnismäßig. (T12)
7 Ob 33/04k 7 Ob 33/04k Entscheidungstext OGH 31.03.2004 7 Ob 33/04k Auch; nur T6; Beis wie T2; Beis wie T3; Beis wie T4; Beis wie T12
6 Ob 147/04t 6 Ob 147/04t Entscheidungstext OGH 26.08.2004 6 Ob 147/04t nur: Bei der Frage nach der Unverhältnismäßigkeit des Verbesserungsaufwandes ist nicht allein die Höhe der Behebungskosten ausschlaggebend, sondern es ist vor allem auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen. (T13) Beis wie T7
7 Ob 103/05f 7 Ob 103/05f Entscheidungstext OGH 25.05.2005 7 Ob 103/05f nur T7
6 Ob 80/05s 6 Ob 80/05s Entscheidungstext OGH 14.07.2005 6 Ob 80/05s Auch; Beisatz: Das volle Leistungsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist. Hier: Missbräuchliche Rechtsausübung, wenn das hergestellte Werk in Gebrauch genommen wurde und die Mängelbehebung keine besonderen Fachkenntnisse und kein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien zur Voraussetzung hat. (T14)
5 Ob 57/06b 5 Ob 57/06b Entscheidungstext OGH 21.03.2006 5 Ob 57/06b nur T6; Beis wie T14
8 Ob 108/06z 8 Ob 108/06z Entscheidungstext OGH 18.12.2006 8 Ob 108/06z Auch; Beisatz: Auch nach der neuen Rechtslage (§ 932 ABGB idF BGBl I 48/2001) ist die „Unverhältnismäßigkeit" der Verbesserung im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB nicht - wie nach § 932 Abs 2 ABGB - „relativ" im Verhältnis zu einer konkreten sekundären Abhilfe (Preisminderung) zu beurteilen, sondern wie bisher „absolut" und gewichtiger (Daher keine Übertragung der in § 932 Abs 2 ABGB vorgegebenen Beurteilungsmechanismen und deren Gewichtung). (T15) Beisatz: Die „absolute" Unverhältnismäßigkeit kann daher - wie bisher - bejaht werden, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den Besteller steht, wobei dabei insbesondere die für den Besteller durch den Verweis auf die bloßen Geldansprüche (Preisminderung) verbundenen zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen sind. Ist die Beeinträchtigung des Bestellers als wesentlich anzusehen, so werden auch über den Wert des Werkes liegende Kosten für die Verbesserung aufzuwenden sein. (T16) Veröff: SZ 2006/184
6 Ob 274/06x 6 Ob 274/06x Entscheidungstext OGH 21.12.2006 6 Ob 274/06x Auch; Beis wie T11
7 Ob 67/07i 7 Ob 67/07i Entscheidungstext OGH 18.04.2007 7 Ob 67/07i Auch; Beis wie T14 nur: Das volle Leistungsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für den mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist. (T17) Beisatz: Allein entscheidend ist dabei nicht die Höhe der Behebungskosten, sondern die Wichtigkeit der Behebung des Mangels, die nach den Umständen des Einzelfalles im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen ist. (T18)
6 Ob 241/06v 6 Ob 241/06v Entscheidungstext OGH 13.03.2008 6 Ob 241/06v Auch; Beis wie T15; Beis wie T16; Beis wie T18; Beisatz: Das volle Leistungsverweigerungsrecht besteht nicht, wenn von einem Missverhältnis zwischen den vom Gewährleistungsberechtigten verfolgten Interessen an der Leistungsverweigerung und dem Interesse des Werkunternehmers an der Bezahlung des Werklohns für einen mängelfreien Teil des Werks auszugehen ist. (T19)
6 Ob 134/08m 6 Ob 134/08m Entscheidungstext OGH 07.07.2008 6 Ob 134/08m Vgl; Beis wie T15; Beisatz: Die Bejahung der Unverhältnismäßigkeit hat zur Folge, dass überhaupt kein primärer Gewährleistungsbehelf zur Verfügung steht, der Übernehmer sohin seinen ursprünglichen Erfüllungsanspruch verliert. (T20) Beisatz: Der Verbesserungsaufwand wird in der Regel dann nicht unverhältnismäßig sein, wenn der aus der Verbesserung erwachsende Vorteil so hoch anzusetzen ist, dass ein redlicher und vernünftiger Verkehrsteilnehmer die Reparatur auch auf eigene Kosten durchführen würde. Der Wert des Werkes als solcher ist nicht zwingend die Grenze für die Verbesserungsaufwendungen. Entscheidend ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller (Übernehmer) im Verhältnis zu den für den Unternehmer (Übergeber) entstehenden Aufwendungen. (T21) Beisatz: Hier: Gebrauchtwagenkauf. Ein Austausch scheidet von vornherein aus, weil es sich bei einem Gebrauchtwagen um eine Speziessache handelt. Von den primären Gewährleistungsbehelfen kommt daher von vornherein nur die Verbesserung in Betracht, sofern diese nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. (T22)
5 Ob 107/08h 5 Ob 107/08h Entscheidungstext OGH 26.08.2008 5 Ob 107/08h Beisatz: Es ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller und seine Beeinträchtigung maßgeblich. (T23)
7 Ob 211/09v 7 Ob 211/09v Entscheidungstext OGH 03.03.2010 7 Ob 211/09v Beis wie T8
2 Ob 135/10g 2 Ob 135/10g Entscheidungstext OGH 07.04.2011 2 Ob 135/10g Auch; Auch Beis wie T8 Veröff: SZ 2011/45
5 Ob 108/11k 5 Ob 108/11k Entscheidungstext OGH 07.07.2011 5 Ob 108/11k Auch; Auch Beis wie T14; Beis wie T18
5 Ob 127/11d 5 Ob 127/11d Entscheidungstext OGH 13.12.2011 5 Ob 127/11d Auch; Beis ähnlich wie T22; Beisatz: Bei Speziesschulden scheidet der Austausch aus, weil aufgrund der Parteienvereinbarung eine ganz bestimmte Sache geschuldet wird. (T24) Beisatz: Hier: Fenster. (T25)
5 Ob 126/12h 5 Ob 126/12h Entscheidungstext OGH 24.01.2013 5 Ob 126/12h Auch
2 Ob 123/12w 2 Ob 123/12w Entscheidungstext OGH 30.07.2013 2 Ob 123/12w Auch; Beis wie T18; Beisatz: Hier: Kein bloßer Vergleich mit voraussichtlichen Sanierungskosten bei Unbrauchbarkeit von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund Durchfeuchtung der Wände. (T26)
5 Ob 172/13z 5 Ob 172/13z Entscheidungstext OGH 20.09.2013 5 Ob 172/13z Ähnlich; Beisatz: Die im Rechtsmittel relevierten Unverhältnismäßigkeitsvoraussetzungen nach § 932 Abs 4 ABGB wurden bis Schluss der Verhandlung erster Instanz beklagtenseits nicht eingewendet, sodass ihre Geltendmachung erstmals in der Revision gegen das Neuerungsverbot verstößt. (T27)
4 Ob 44/14w 4 Ob 44/14w Entscheidungstext OGH 25.03.2014 4 Ob 44/14w nur: Wenn sich der Mangel eher nur als geringer Nachteil im Gebrauch darstellt, können schon verhältnismäßig geringe Behebungskosten "unverhältnismäßig" sein, wenn der Mangel den Gebrauch aber entscheidend beeinträchtigt, dann sind auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen. (T28) Beis wie T21; Beis wie T23
7 Ob 29/15p 7 Ob 29/15p Entscheidungstext OGH 09.04.2015 7 Ob 29/15p