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RECHTSPRECHUNG


RS0038222


Bei möglicherweise mit ärztlichen Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten sind wegen der besonderen Schwierigkeiten eines exakten Beweises an den Kausalitätsbeweis geringere Anforderungen zu stellen. Demnach genügt eine bloß „deutlich überwiegende“ Wahrscheinlichkeit. Eine Feststellung, die Verursachung könne nicht ausgeschlossen werden, reicht aber trotz Beweiserleichterung nicht aus. Steht ein ärztlicher Behandlungsfehler fest und ist es unzweifelhaft, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, dann hat der Belangte (Arzt oder Krankenanstaltenträger) zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ nicht kausal für den Schaden des Patienten war. Diese Beweislastumkehr gelangt aber erst dann zur Anwendung, wenn vorher der geschädigte Patient – wenn auch im Rahmen eines erleichterten Kausalitätsbeweises – den Nachweis erbracht hat, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts durch den ärztlichen Fehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde.


Rechtssatz:

Bei möglicherweise mit ärztlichen Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten sind wegen der besonderen Schwierigkeiten eines exakten Beweises an den Kausalitätsbeweis geringere Anforderungen zu stellen, zumal ein festgestellter schuldhafter Behandlungsfehler auf einen nachteiligen Kausalverlauf geradezu hinweist.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
3Ob560/84; 14Ob140/86 (14Ob141/86); 8Ob525/88 (8Ob526/88); 8Ob1527/90; 2Ob538/92; 8Ob581/92; 2Ob590/92; 4Ob554/95; 7Ob337/98d; 7Ob321/00g; 9Ob3/05i; 6Ob240/06x; 7Ob255/07m; 1Ob138/07m; 1Ob226/07b; 10Ob62/08b; 9Ob64/08i; 4Ob145/10t; 6Ob259/10x; 8Ob30/11m; 3Ob128/11m; 2Ob97/11w; 5Ob186/11f; 1Ob172/12v; 7Ob191/12g; 2Ob227/12i; 8Ob133/12k; 3Ob233/13f; 8Ob129/13y; 1Ob41/16k; 9Ob6/16x; 1Ob244/16p; 7Ob88/17t; 9Ob80/17f

Schlagworte:

Entscheidung:
02.10.1984

Norm:
ABGB §1295 Ia3a
ABGB §1295 Ia3b
ABGB §1299 B
ABGB §1313a IIIa
KAG §8

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


3 Ob 560/84 3 Ob 560/84 Entscheidungstext OGH 02.10.1984 3 Ob 560/84
14 Ob 140/86 14 Ob 140/86 Entscheidungstext OGH 16.09.1986 14 Ob 140/86 Vgl auch; Beisatz: Hier: Unterlassungen (T1)
8 Ob 525/88 8 Ob 525/88 Entscheidungstext OGH 16.03.1989 8 Ob 525/88 Vgl auch; Veröff: SZ 62/53 = RZ 1990/101 S 276
8 Ob 1527/90 8 Ob 1527/90 Entscheidungstext OGH 19.04.1990 8 Ob 1527/90
2 Ob 538/92 2 Ob 538/92 Entscheidungstext OGH 17.06.1992 2 Ob 538/92 Auch; Beisatz: Ansteckung eines Kindes während eines Krankenhausaufenthaltes mit einem gefährlichen Krankheitserreger. (T2)
8 Ob 581/92 8 Ob 581/92 Entscheidungstext OGH 31.08.1992 8 Ob 581/92 Auch
2 Ob 590/92 2 Ob 590/92 Entscheidungstext OGH 08.07.1993 2 Ob 590/92
4 Ob 554/95 4 Ob 554/95 Entscheidungstext OGH 07.11.1995 4 Ob 554/95 nur: Bei möglicherweise mit ärztlichen Behandlungsfehlern zusammenhängenden Gesundheitsschäden von Patienten sind wegen der besonderen Schwierigkeiten eines exakten Beweises an den Kausalitätsbeweis geringere Anforderungen zu stellen. (T3) Veröff: SZ 68/207
7 Ob 337/98d 7 Ob 337/98d Entscheidungstext OGH 01.12.1998 7 Ob 337/98d Vgl auch; nur T3; Beis wie T1; Beisatz: Hier: Anästhesie. (T4)
7 Ob 321/00g 7 Ob 321/00g Entscheidungstext OGH 17.05.2001 7 Ob 321/00g Vgl auch
9 Ob 3/05i 9 Ob 3/05i Entscheidungstext OGH 24.10.2005 9 Ob 3/05i nur T3
6 Ob 240/06x 6 Ob 240/06x Entscheidungstext OGH 21.12.2006 6 Ob 240/06x Beisatz: Die Feststellung, die Verursachung könne nicht ausgeschlossen werden, reicht trotz Beweiserleichterung nicht aus. (T5)
7 Ob 255/07m 7 Ob 255/07m Entscheidungstext OGH 12.12.2007 7 Ob 255/07m Beisatz: Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis) ist ausreichend, es genügt eine bloß „deutlich überwiegende" Wahrscheinlichkeit. (T6)
1 Ob 138/07m 1 Ob 138/07m Entscheidungstext OGH 29.01.2008 1 Ob 138/07m Vgl auch; Beisatz: Steht ein ärztlicher Behandlungsfehler fest und ist es unzweifelhaft, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts durch den ärztlichen Kunstfehler nicht bloß unwesentlich erhöht wurde, hat der Belangte (Arzt oder Krankenanstaltenträger) zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung „mit größter Wahrscheinlichkeit" nicht kausal für den Schaden des Patienten war. Es kehrt sich folglich die Beweislast für das (Nicht-)Vorliegen der Kausalität um. (T7)
1 Ob 226/07b 1 Ob 226/07b Entscheidungstext OGH 26.02.2008 1 Ob 226/07b Auch; Beisatz: Für den vom Patienten zu führenden Beweis der Kausalität des ärztlichen Behandlungsfehlers genügt eine (sehr) hohe Wahrscheinlichkeit. (T8) Beisatz: Für den dem Kläger obliegenden Beweis der Kausalität zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden genügt der Nachweis, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts durch den Fehler der Ärzte nicht bloß unwesentlich erhöht wurde. Dem Beklagten obliegt in diesem Fall der volle Beweis, dass die erwiesene Vertragsverletzung im konkreten Fall für die nachteiligen Folgen mit größter Wahrscheinlichkeit unwesentlich geblieben ist. (T9) Beisatz: Hier: Unterlassen einer sofortigen Infusionstherapie bei eingetretenem Hörsturz. (T10)
10 Ob 62/08b 10 Ob 62/08b Entscheidungstext OGH 09.09.2008 10 Ob 62/08b Beis wie T8
9 Ob 64/08i 9 Ob 64/08i Entscheidungstext OGH 04.08.2009 9 Ob 64/08i Vgl auch; Beisatz: Die bei Vorliegen ärztlicher Fehler angenommene Beweislastumkehr zu Lasten des behandelnden Arztes gelangt erst dann zur Anwendung, wenn vorher der geschädigte Patient - wenn auch im Rahmen eines erleichterten Kausalitätsbeweises - den Nachweis erbracht hat, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts durch den ärztlichen Fehler (hier: Verletzung der Aufklärungspflicht) nicht bloß unwesentlich erhöht wurde. (T11) Beisatz: Erst dann liegt es am Arzt zu beweisen, dass die ihm zuzurechnende Sorgfaltsverletzung mit größter Wahrscheinlichkeit nicht kausal war. (T12)
4 Ob 145/10t 4 Ob 145/10t Entscheidungstext OGH 05.10.2010 4 Ob 145/10t Auch
6 Ob 259/10x 6 Ob 259/10x Entscheidungstext OGH 28.01.2011 6 Ob 259/10x Vgl; Beis wie T9
8 Ob 30/11m 8 Ob 30/11m Entscheidungstext OGH 22.03.2011 8 Ob 30/11m nur T3; Beis wie T6
3 Ob 128/11m 3 Ob 128/11m Entscheidungstext OGH 24.08.2011 3 Ob 128/11m Auch; Beis wie T6
2 Ob 97/11w 2 Ob 97/11w Entscheidungstext OGH 22.06.2011 2 Ob 97/11w Vgl; Vgl Beis wie T6
5 Ob 186/11f 5 Ob 186/11f Entscheidungstext OGH 09.11.2011 5 Ob 186/11f Auch; Beis auch wie T6
1 Ob 172/12v 1 Ob 172/12v Entscheidungstext OGH 11.10.2012 1 Ob 172/12v Vgl
7 Ob 191/12g 7 Ob 191/12g Entscheidungstext OGH 14.11.2012 7 Ob 191/12g Auch
2 Ob 227/12i 2 Ob 227/12i Entscheidungstext OGH 14.03.2013 2 Ob 227/12i Vgl auch
8 Ob 133/12k 8 Ob 133/12k Entscheidungstext OGH 29.04.2013 8 Ob 133/12k Auch; Beis wie T5; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T12
3 Ob 233/13f 3 Ob 233/13f Entscheidungstext OGH 19.12.2013 3 Ob 233/13f Beis wie T11; Beisatz: Hier: Behauptete Verletzung im Zuge einer Fußpflege. (T13)
8 Ob 129/13y 8 Ob 129/13y Entscheidungstext OGH 27.02.2014 8 Ob 129/13y
1 Ob 41/16k 1 Ob 41/16k Entscheidungstext OGH 28.04.2016 1 Ob 41/16k Vgl auch; Beis wie T7; Beis wie T11
9 Ob 6/16x 9 Ob 6/16x Entscheidungstext OGH 29.09.2016 9 Ob 6/16x
1 Ob 244/16p 1 Ob 244/16p Entscheidungstext OGH 31.01.2017 1 Ob 244/16p Auch; Beisatz: Hier: Fehldiagnose. (T14)
7 Ob 88/17t 7 Ob 88/17t Entscheidungstext OGH 27.09.2017 7 Ob 88/17t Beis wie T11; Beis wie T7
9 Ob 80/17f 9 Ob 80/17f Entscheidungstext OGH 30.01.2018 9 Ob 80/17f Vgl auch; Beis wie T7; Beis wie T9; Beis wie T11; Beis wie T12