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RECHTSPRECHUNG


RS0112629


Ein Belegarzt ist in der Regel ein freiberuflicher Arzt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Betreiber des Krankenhauses steht und dem von diesem das Recht gewährt wird, seine Patienten in diesem Spital unter Inanspruchnahme der hiefür beigestellten Räume und Einrichtungen zu behandeln. Er ist befugt, diese Patienten im Belegspital zu operieren und, solange eine stationäre Behandlung erforderlich ist, dort nachzubehandeln beziehungsweise vom Spitalspersonal betreuen zu lassen. Ihm wird grundsätzlich auch die Mitwirkung nachgeordneter Ärzte, Schwestern und Pflegern zugesagt. Soweit dies der Fall ist, unterstehen diese Personen den Weisungen und Anordnungen des Belegarztes. Der Belegarzt hat die ihm obliegende Behandlung des Patienten eigenverantwortlich, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzuführen. Aufgabe des Belegspitals ist es hingegen, den Patienten unterzubringen, zu verpflegen und die für die Durchführung der stationären Behandlung des Patienten durch den Belegarzt erforderlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen, soweit dies nicht der Belegarzt selbst besorgt. Die im Belegarztvertrag erkennbare Aufgabenteilung führt gegenüber dem Patienten zu einer entsprechenden Aufspaltung der Leistungspflichten des Belegarztes einerseits und des Belegspitals andererseits. Beim Belegarztsystem ist daher davon auszugehen, dass der Belegarzt im Rahmen des Behandlungsvertrages die Behandlung des Patienten, im Regelfall dessen Operation samt Nachbehandlung, und das Belegspital im Sinne eines „gespaltenen“ Krankenhausvertrages die Erbringung der damit verbundenen krankenhausspezifischen Hilfs- und Zusatzdienste einschließlich all dessen, was man als „Hotelkomponente“ bezeichnet, schuldet. Es ist im Einzelfall allerdings auch möglich, dass die Pflichtenkreise des Belegarztes und des Belegspitals einander überschneiden. In eniem Fall, in dem der Arzt ausschließlich freiberuflich mit einer Privatordination tätig ist, in der ihn die Patienten aufsuchen und er anschließend im Spital Operationen oder konservative Behandlungen durchführt, er zum Spital jedoch in keinem Anstellungsverhältnis steht, liegt jedoch eine „klassische“ Behandlung durch einen Belegarzt vor.


Rechtssatz:

Zur Stellung und Haftung eines Belegarztes .

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
1Ob267/99t; 1Ob269/99m; 8ObA41/02s; 9Ob152/04z; 10ObS235/03m; 3Ob268/06t; 1Ob214/06m; 4Ob210/07x; 8Ob34/08w; 7Ob2/09h; 8Ob103/09v; 10Ob34/10p; 6Ob149/18g

Schlagworte:

Entscheidung:
27.10.1999

Norm:
ABGB §1151 IA
ABGB §1313a IIIa

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


1 Ob 267/99t 1 Ob 267/99t Entscheidungstext OGH 27.10.1999 1 Ob 267/99t Veröff: SZ 72/164
1 Ob 269/99m 1 Ob 269/99m Entscheidungstext OGH 23.11.1999 1 Ob 269/99m Beisatz: Der Belegarzt haftet für das schuldhafte und schadensursächliche Verhalten aller wirtschaftlich selbständigen Ärzte, die im Zuge der Operationsvorbereitung bestimmte für die Erfüllung des Behandlungsvertrags unentbehrliche ärztliche Leistungen unter seiner Oberleitung in Fragen der Operationsorganisation erbringen. (T1)
8 ObA 41/02s 8 ObA 41/02s Entscheidungstext OGH 29.08.2002 8 ObA 41/02s Vgl; Beisatz: Ein Belegarzt ist in der Regel ein freiberuflicher Arzt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Rechtsträger des Krankenhauses steht und dem von diesem das Recht gewährt wird, seine Patienten in diesem Spital unter Inanspruchnahme der hiefür beigestellten Räume und Einrichtungen zu behandeln. Er ist befugt, diese Patienten im Belegspital zu operieren und, solange eine stationäre Behandlung erforderlich ist, dort nachzubehandeln beziehungsweise vom Spitalspersonal betreuen zu lassen. Ihm wird grundsätzlich auch die Mitwirkung nachgeordneter Ärzte, Schwestern und Pflegern zugesagt. Soweit dies der Fall ist, unterstehen diese Personen im Rahmen der Behandlung der Patienten, jedenfalls aber im Zug einer vom Belegarzt vorzunehmenden Operation, den Weisungen und Anordnungen des Belegarztes . (T2); Beisatz: Ein Belegarzt haftet für Fehlleistungen der ihm zur Verfügung gestellten nachgeordneten Personen; diese werden als seine Erfüllungsgehilfen tätig. (T3)
9 Ob 152/04z 9 Ob 152/04z Entscheidungstext OGH 02.02.2005 9 Ob 152/04z Beis wie T2; Beisatz: Der Belegarzt hat die ihm obliegende Behandlung des Patienten eigenverantwortlich, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzuführen. Aufgabe des Belegspitals ist es hingegen, den Patienten unterzubringen, zu verpflegen und die für die Durchführung der stationären Behandlung des Patienten durch den Belegarzt erforderlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen, soweit dies nicht der Belegarzt selbst besorgt. Die im Belegarztvertrag erkennbare Aufgabenteilung führt gegenüber dem Patienten zu einer entsprechenden Aufspaltung der Leistungspflichten des Belegarztes einerseits und des Belegspitals andererseits. (T4)
10 ObS 235/03m 10 ObS 235/03m Entscheidungstext OGH 18.10.2005 10 ObS 235/03m Vgl; Beis wie T3 nur: Ein Belegarzt ist in der Regel ein freiberuflicher Arzt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Rechtsträger des Krankenhauses steht und dem von diesem das Recht gewährt wird, seine Patienten in diesem Spital unter Inanspruchnahme der hiefür beigestellten Räume und Einrichtungen zu behandeln. Er ist befugt, diese Patienten im Belegspital zu operieren und, solange eine stationäre Behandlung erforderlich ist, dort nachzubehandeln beziehungsweise vom Spitalspersonal betreuen zu lassen. (T5); Beis wie T4 nur: Aufgabe des Belegspitals ist es hingegen, den Patienten unterzubringen, zu verpflegen und die für die Durchführung der stationären Behandlung des Patienten durch den Belegarzt erforderlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen, soweit dies nicht der Belegarzt selbst besorgt. Die im Belegarztvertrag erkennbare Aufgabenteilung führt gegenüber dem Patienten zu einer entsprechenden Aufspaltung der Leistungspflichten des Belegarztes einerseits und des Belegspitals andererseits. (T6); Beisatz: Beim Belegarztsystem ist daher davon auszugehen, dass der Belegarzt im Rahmen des Behandlungsvertrages die Behandlung des Patienten, im Regelfall dessen Operation samt Nachbehandlung, und das Belegspital im Sinne eines „gespaltenen" Krankenhausvertrages die Erbringung der damit verbundenen krankenhausspezifischen Hilfs- und Zusatzdienste einschließlich all dessen, was man als „Hotelkomponente" bezeichnet, schuldet. (T7)
3 Ob 268/06t 3 Ob 268/06t Entscheidungstext OGH 30.11.2006 3 Ob 268/06t Auch
1 Ob 214/06m 1 Ob 214/06m Entscheidungstext OGH 28.11.2006 1 Ob 214/06m Auch; Beis wie T2 nur: Ein Belegarzt ist in der Regel ein freiberuflicher Arzt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Rechtsträger des Krankenhauses steht. (T8); Beisatz: Belegärzte besorgen ihre Aufgaben an Kliniken gewöhnlich auch nicht in arbeitnehmerähnlicher Stellung (vgl etwa auch 9 ObA 210/93). (T9)
4 Ob 210/07x 4 Ob 210/07x Entscheidungstext OGH 22.01.2008 4 Ob 210/07x Beis wie T1; Beis wie T3; Veröff: SZ 2008/8
8 Ob 34/08w 8 Ob 34/08w Entscheidungstext OGH 03.04.2008 8 Ob 34/08w Vgl; Beisatz: Der (Beleg-)Arzt schuldet im Rahmen des Behandlungsvertrags auch die Nachbehandlung. (T10)
7 Ob 2/09h 7 Ob 2/09h Entscheidungstext OGH 11.02.2009 7 Ob 2/09h Beis wie T2; Beis wie T4; Beis wie T6
8 Ob 103/09v 8 Ob 103/09v Entscheidungstext OGH 29.09.2009 8 Ob 103/09v Beis wie T2; Beis wie T6; Beisatz: Es ist allerdings möglich, dass die Pflichtenkreise des Belegarztes und des Belegspitals einander überschneiden. (T11)
10 Ob 34/10p 10 Ob 34/10p Entscheidungstext OGH 22.06.2010 10 Ob 34/10p Vgl; Beis wie T8; Beis: Hier: Mangels eindeutiger anderer Vertragsgestaltung ist unter Berücksichtigung der nach der Verkehrsübung selbstverständlichen Erwartung der Klägerin ‑ als nach dem ASVG Krankenversicherte ‑ (§ 914, § 863 Abs 2 ABGB) von einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag auszugehen. (T12)
6 Ob 149/18g 6 Ob 149/18g Entscheidungstext OGH 31.08.2018 6 Ob 149/18g Vgl; Beis wie T2; Beis wie T4; Beis wie T7; Beis wie T10; Beis wie T11; Beis wie T12; Beisatz: Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag verpflichtet sich der Krankenhausträger, alle für die stationäre Behandlung erforderlichen Leistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung zu erbringen. Der Arzt tritt nur als Erfüllungsgehilfe der Krankenanstalt auf. Beim gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag beschränkt sich der Vertrag mit dem Krankenhausträger auf die Unterbringung, Verpflegung und pflegerische Versorgung, während die ärztlichen Leistungen aufgrund eines besonderen Vertrags mit dem Arzt erbracht werden. Der Anstaltsträger haftet dabei nicht für Behandlungsfehler des Belegarztes . Ein schriftlicher Vertrag ist für die Annahme eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags keine zwingende Voraussetzung. Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag verpflichtet sich das Krankenhaus ebenfalls zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich der ärztlichen. Daneben schließt der Patient einen weiteren Vertrag über die ärztlichen Leistungen mit dem behandelnden Arzt. (T13); Beisatz: Hier: Der Arzt war freiberuflich mit einer Privatordination tätig, wo ihn die Klägerin aufsuchte. Er betreute Patienten aus seiner Ordination im Landesklinikum, wo er sie operierte oder konservativ betreute, stand zum Spitalsträger jedoch in keinem Anstellungsverhältnis – Behandlung durch einen Belegarzt , sodass der Pflichtenkreis des Spitalsträgers nicht auch die ärztliche Behandlung umfasste. (T14)