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RECHTSPRECHUNG


RS0122419


Die Punkte 5.29.2 und 5.30.2 der ÖNORM B2110 dienen im Wesentlichen dazu, möglichst rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen. Die vorbehaltlose Annahme einer Zahlung soll Nachforderungen unzulässig machen. Voraussetzung ist somit ein wie auch immer gearteter Zahlungsakt seitens des Auftraggebers, der vom Auftragnehmer „angenommen“ werden kann. Die bloße Nichtzahlung fällt grundsätzlich nicht darunter. Denkbar ist allerdings, dass die Zahlung durch den Auftraggeber deshalb nicht erfolgt, weil sich aus der Schlussabrechnung ein Guthaben des Auftraggebers ergibt. Sowohl in der Überschrift als auch im Text wird ausdrücklich auf die „Annahme der Zahlung“ abgestellt und nicht auf die Kürzung der Rechnung schlechthin. Die Ö-Norm misst die Bedeutung eines Rechtsverzichts nur der Annahme der Zahlung (bei fehlendem Vorbehalt) bei. Eine Gleichstellung einer geleisteten (Teil-)Schlusszahlung mit einer „endgültigen Ablehnung weiterer Zahlungen“ geht über den engen Wortlaut der Ö-Norm-Bestimmung hinaus. Der Vorbehalt nachträglicher Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen muss entweder in der Rechnung selbst enthalten sein, oder binnen drei Monaten nach Erhalt der (abweichenden) Zahlung schriftlich erhoben werden. Bereits vor Legung der Schlussrechnung beziehungsweise vor Annahme der davon abweichenden Schlusszahlung abgegebene Erklärungen können nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung nicht ausreichend sein. Das Unterbleiben eines nachträglichen Vorbehalts ist als nachträgliche Abstandnahme von früher erklärten Vorbehalten zu werten. Der Auftraggeber soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt das gesamte Ausmaß seiner Verpflichtungen überschauen und erfahren können. Ob der Auftraggeber der „Nichtzahlung“ lediglich die Ablehnung weiterer Zahlungen zugrunde legt oder ob er darüber hinaus ein Guthaben zu seinen Gunsten behauptet, ist ohne Relevanz.


Rechtssatz:

Diese Bestimmung dient im Wesentlichen dazu, möglichst rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen (vgl Karasek, ÖNORM B 2110 , Rz 725). Die vorbehaltlose Annahme einer Zahlung soll Nachforderungen unzulässig machen. Voraussetzung ist somit ein wie auch immer gearteter Zahlungsakt seitens des Auftraggebers, der vom Auftragnehmer „angenommen" werden kann. Die bloße Nichtzahlung fällt grundsätzlich nicht darunter. Denkbar ist allerdings, dass die Zahlung durch den Auftraggeber deshalb nicht erfolgt, weil sich aus der Schlussabrechnung ein Guthaben des Auftraggebers ergibt.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
1Ob81/07d; 7Ob208/07z; 1Ob67/08x; 8Ob164/08p; 7Ob209/11b; 10Ob65/12z; 3Ob157/13d; 9Ob81/14y; 4Ob241/14s; 4Ob194/15f

Schlagworte:

Entscheidung:
14.08.2007

Norm:
Ö B2110 Pkt5.29.2
Ö B2110 Pkt5.30.2

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


1 Ob 81/07d 1 Ob 81/07d Entscheidungstext OGH 14.08.2007 1 Ob 81/07d
7 Ob 208/07z 7 Ob 208/07z Entscheidungstext OGH 28.11.2007 7 Ob 208/07z Auch; Beisatz: Sowohl in der Überschrift als auch im Text wird ausdrücklich auf die „Annahme der Zahlung" abgestellt und nicht auf die Kürzung der Rechnung schlechthin. Die Ö-Norm misst die Bedeutung eines Rechtsverzichts nur der Annahme der Zahlung (bei fehlendem Vorbehalt) bei. Eine Gleichstellung einer geleisteten (Teil-)Schlusszahlung mit einer „endgültigen Ablehnung weiterer Zahlungen" geht über den engen Wortlaut der Ö-Norm-Bestimmung hinaus. (T1) Beisatz: Hier: Es wurde überhaupt keine Zahlung auf die Schlussrechnung geleistet, weil die verrechnete Mehrleistung von Netto EUR 24.440,75 als zur Gänze unberechtigt angesehen wurde. (T2)
1 Ob 67/08x 1 Ob 67/08x Entscheidungstext OGH 11.08.2008 1 Ob 67/08x Auch; nur: Diese Bestimmung dient im Wesentlichen dazu, möglichst rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen. Die vorbehaltlose Annahme einer Zahlung soll Nachforderungen unzulässig machen. (T3) Beisatz: Der Vorbehalt nachträglicher Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen muss entweder in der Rechnung selbst enthalten sein, oder binnen drei Monaten nach Erhalt der (abweichenden) Zahlung schriftlich erhoben werden. Bereits vor Legung der Schlussrechnung beziehungsweise vor Annahme der davon abweichenden Schlusszahlung abgegebene Erklärungen können nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung nicht ausreichend sein. (T4) Beisatz: Das Unterbleiben eines nachträglichen Vorbehalts ist als nachträgliche Abstandnahme von früher erklärten Vorbehalten zu werten. (T5)
8 Ob 164/08p 8 Ob 164/08p Entscheidungstext OGH 23.04.2009 8 Ob 164/08p Vgl; Veröff: SZ 2009/53
7 Ob 209/11b 7 Ob 209/11b Entscheidungstext OGH 30.11.2011 7 Ob 209/11b Auch
10 Ob 65/12z 10 Ob 65/12z Entscheidungstext OGH 29.01.2013 10 Ob 65/12z nur: Diese Bestimmung dient im Wesentlichen dazu, möglichst rasch Klarheit über die Abrechnung zu schaffen. (T6) Beisatz: Der Auftraggeber soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt das gesamte Ausmaß seiner Verpflichtungen überschauen und erfahren können. (T7)
3 Ob 157/13d 3 Ob 157/13d Entscheidungstext OGH 19.12.2013 3 Ob 157/13d Auch; Beisatz: Hier: Mündliche Ergänzung des schriftlichen unbegründeten Vorbehalts. (T8)
9 Ob 81/14y 9 Ob 81/14y Entscheidungstext OGH 20.03.2015 9 Ob 81/14y Auch; nur T3; Beis wie T7
4 Ob 241/14s 4 Ob 241/14s Entscheidungstext OGH 11.08.2015 4 Ob 241/14s tlw. abweichend; nur T6; Beis wie T7; Beisatz: Ob der Auftraggeber der „Nichtzahlung“ lediglich die Ablehnung weiterer Zahlungen zugrunde legt oder ob er darüber hinaus ein Guthaben zu seinen Gunsten behauptet, ist ohne Relevanz. (T9)
4 Ob 194/15f 4 Ob 194/15f Entscheidungstext OGH 15.12.2015 4 Ob 194/15f Auch; Beis wie T9