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RECHTSPRECHUNG


RS0127857


Berechnung des Schadens im Zwangsversteigerungsverfahren bei unrichtiger Bewertung: Die Pflicht des Immobiliensachverständigen zur korrekten Verkehrswertermittlung einer Liegenschaft im gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahren erstreckt sich auch auf denjenigen, der die Liegenschaft ersteigert. Unterläuft dem Immobiliensachverständigen bei der Bewertung ein vorwerfbarer Irrtum, weshalb der Verkehrswert zu hoch angesetzt wird, haftet er nicht für das Verhältnis des Versteigerungswertes zu dem unrichtigen Verkehrswert sondern nur für die Differenz zu dem tatsächlichen Verkehrswert, weil kein schützenswertes Interesse des Erstehers darin besteht, eine Immobilie nach Maßgabe eines fiktiven Versteigerungsverlaufs zu einem gewissen Prozentsatz des richtigen Verkehrswertes erwerben zu können. Wird also der Verkehrswert einer Liegenschaft fälschlicherweise mit EUR 100.000,00 anstelle von 
EUR 50.000,00 bewertet und wird die Liegenschaft in der Folge um EUR 70.000,00 ersteigert, haftet der Sachverständige grundsätzlich „nur“ für EUR 20.000,00, nicht aber dafür, dass die Liegenschaft um 70 % des wahren Verkehrswertes ersteigert hätte werden sollen, somit also nicht für EUR 35.000,00 (EUR 70.000,00 abzgl EUR 35.000,00 (=70 % von EUR 50.000,00)).


Rechtssatz:

Der Sachverständige, der nach § 141 Abs 1 EO, § 2 LBG die Schätzung eines Exekutionsobjekts vornimmt, hat den Verkehrswert der Sache korrekt zu ermitteln. Erfolgt der Zuschlag an den Ersteher zu einem Meistbot, das wegen eines vom Sachverständigen hervorgerufenen Irrtums zwar unter dem überhöhten, jedoch über dem richtigen Verkehrswert liegt, so hat der Sachverständige dem Ersteher gemäß § 141 Abs 5 EO für die Differenz zum richtigen Verkehrswert einzustehen. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen und einem verhältnismäßig geringeren aufgrund des richtigen Verkehrswerts angenommenen fiktiven Meistbot steht dagegen nicht mehr im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Pflicht des Sachverständigen zur korrekten Verkehrswertermittlung.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
9Ob56/11t

Schlagworte:

Entscheidung:
29.05.2012

Norm:
ABGB §1295 Ia9
ABGB §1299 A2
ABGB §1299 A3
ABGB §1300 D
EO §141 Abs1
LBG §2

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


9 Ob 56/11t 9 Ob 56/11t Entscheidungstext OGH 29.05.2012 9 Ob 56/11t Veröff: SZ 2012/58