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RECHTSPRECHUNG


RS0128476


Die Bank, die Effektengeschäfte ausführt, haftet im Allgemeinen nicht für die mangelhafte Beratung ihrer Kunden durch ein von diesen beigezogenes („kundennäheres“) Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Das gilt jedoch nicht, wenn die Bank konkrete Anhaltspunkte dafür hatte oder sogar positiv wusste, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllte, oder wenn die Bank dieses Unternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hatte. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bank ihrem Vertriebspartner Unterlagen (Produktpräsentationen, Formulare) zur Verfügung stellt oder eine wirtschaftliche oder personelle Verflechtung besteht.


Rechtssatz:

Mangels eigener Beratungspflicht haftet eine Bank, die Effektengeschäfte ausführt, im Allgemeinen nicht für die mangelhafte Beratung ihrer Kunden durch ein von diesen beigezogenes („kundennäheres“) Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Das gilt jedoch nicht, wenn die Bank konkrete Anhaltspunkte dafür hatte oder sogar positiv wusste, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllte, oder wenn die Bank dieses Unternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hatte.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
4Ob129/12t; 8Ob104/12w; 8Ob66/12g; 2Ob74/12i; 1Ob83/13g; 2Ob24/13p; 9Ob46/13z; 10Ob34/13t; 2Ob181/14b; 6Ob120/14m; 1Ob6/15m; 1Ob43/15b; 6Ob84/15v; 4Ob224/15t; 1Ob21/16v; 6Ob118/17x; 4Ob64/18t

Schlagworte:

Entscheidung:
29.05.2018

Norm:
ABGB §1295 IIf7f
ABGB §1299 E
ABGB §1313a IIIf
WAG 1997 §11
WAG 1997 §13 ABGB § 1295 heute ABGB § 1295 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916 ABGB § 1299 heute ABGB § 1299 gültig ab 01.01.1812 ABGB § 1313a heute ABGB § 1313a gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


4 Ob 129/12t 4 Ob 129/12t Entscheidungstext OGH 17.12.2012 4 Ob 129/12t Beisatz: Die Bank muss den Schaden aber nur dann endgültig tragen, wenn sie den Beratungsfehler, etwa durch mangelhafte Informationen, verschuldet hat oder wenn der Berater nicht in der Lage ist, Regressansprüche zu erfüllen. (T1) Bem: Ob diese Grundsätze auch nach dem WAG 2007 gelten, wurde offengelassen. (T2) Veröff: SZ 2012/139
8 Ob 104/12w 8 Ob 104/12w Entscheidungstext OGH 24.01.2013 8 Ob 104/12w Auch; Beisatz: Das Fehlverhalten eines selbständigen Vermögensberaters kann einer Bank iSd § 1313a ABGB nur dann zugerechnet werden, wenn dieser im Pflichtenkreis der Bank tätig wird und sich die Bank zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Kunden des Beraters bedient. (T3) Veröff: SZ 2013/9
8 Ob 66/12g 8 Ob 66/12g Entscheidungstext OGH 05.04.2013 8 Ob 66/12g Auch; Beisatz: Hier: Umschuldung auf einen Fremdwährungskredit mit Tilgungsträger. (T4) Bem: Siehe auch RS0128916. (T5) Veröff: SZ 2013/33
2 Ob 74/12i 2 Ob 74/12i Entscheidungstext OGH 25.04.2013 2 Ob 74/12i Vgl; Beisatz: Überhaupt eine andere Sachlage liegt vor, wenn die Bank den Schaden selbst herbeigeführt, als erster Ansprechpartner des Geschädigten jegliche Auskunft verweigert und diesen an einen Dritten verwiesen hat. (hier: Im Zusammenhang mit der Nichtbeachtung eines Stop-Loss-Orders durch die Bank). (T6) Veröff: SZ 2013/42
1 Ob 83/13g 1 Ob 83/13g Entscheidungstext OGH 18.07.2013 1 Ob 83/13g Auch
2 Ob 24/13p 2 Ob 24/13p Entscheidungstext OGH 17.06.2013 2 Ob 24/13p Auch; Beisatz: Hier: Fehlberatung durch Vertriebspartner der Bank aufgrund von dieser zur Verfügung gestellter Unterlagen (Produktpräsentation, Formulare); dadurch Verfolgung von Interesse der Bank an Veräußerung von Aktien gerade dieser Emittentin aufgrund personeller Verflechtung. (T7)
9 Ob 46/13z 9 Ob 46/13z Entscheidungstext OGH 29.10.2013 9 Ob 46/13z Vgl auch; Beis wie T3; Vgl auch Beis wie T7; Beisatz: Die Frage, ob die erforderliche wirtschaftliche Nahebeziehung zwischen dem WPDLU und der Depotbank auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls als gegeben anzusehen ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar. (T8) Beisatz: Klauseln in den einzelnen Vertriebspartnerverträgen, die die Eigenständigkeit der jeweiligen WPDLU betonen, wären jedenfalls insoweit als gröblich benachteiligend iSd § 879 ABGB anzusehen, als sie einen Haftungsausschluss zur Folge hätten. (T9)
10 Ob 34/13t 10 Ob 34/13t Entscheidungstext OGH 04.11.2013 10 Ob 34/13t Auch; Beisatz: Besteht die Gefahr, dass der vorgeschaltete Rechtsträger den Kunden nicht objektiv berät, bleibt die nachgeschaltete Bank beratungspflichtig und haftet für ein Verschulden des Beraters. (T10) Beisatz: Die Frage, ob die erforderliche wirtschaftliche Nahebeziehung zwischen dem WPDLU und der Depotbank aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls als gegeben anzusehen ist, stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar. (T11)
2 Ob 181/14b 2 Ob 181/14b Entscheidungstext OGH 27.11.2014 2 Ob 181/14b Auch
6 Ob 120/14m 6 Ob 120/14m Entscheidungstext OGH 29.01.2015 6 Ob 120/14m Auch; Beis wie T8; Beis wie T11
1 Ob 6/15m 1 Ob 6/15m Entscheidungstext OGH 23.04.2015 1 Ob 6/15m Auch
1 Ob 43/15b 1 Ob 43/15b Entscheidungstext OGH 21.05.2015 1 Ob 43/15b Bem: Mit ausführlicher Auseinandersetzung mit 4 Ob 129/12t und den zum Teil kritischen Stimmen aus der Lehre dazu. (T12) Beisatz: Voraussetzung für die Zurechnung des selbstständigen Beraters nach dieser Rechtsprechungskette ist eine selbstständige Beratungspflicht der Bank gegenüber dem Anleger. Das ist die vom Geschäftsherrn geschuldete Leistung nach § 1313a ABGB, der dann eingreift, wenn der Berater derart in die Interessenverfolgung der Bank eingebunden ist, dass es an einem legitimen Vertrauen auf eine objektive Beratung durch einen Dritten fehlt. (T13) Beisatz: Hier geht es darum, dass der vom Anleger ausgewählte Finanzberater das von ihm blanko unterfertigte Transaktionsformular abredewidrig zum Ankauf von Zertifikaten verwendete, um der drohenden Rückzahlung von Provisionen zu entgehen. (T14)
6 Ob 84/15v 6 Ob 84/15v Entscheidungstext OGH 27.05.2015 6 Ob 84/15v Beis wie T3; Beis wie T7; Beis wie T10; Beisatz: Besteht ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen der Bank und dem Berater, ist das Verschulden des Beraters – unabhängig von einer eigenen vertraglichen Verpflichtung des Beraters – der Bank nach § 1313a ABGB zuzurechnen. Siehe bereits 4 Ob 129/12t, 6 Ob 120/14m. (T15) Beisatz: Die frühere Entscheidung 1 Ob 48/12h ist insoweit überholt. (T16)
4 Ob 224/15t 4 Ob 224/15t Entscheidungstext OGH 15.12.2015 4 Ob 224/15t Vgl
1 Ob 21/16v 1 Ob 21/16v Entscheidungstext OGH 27.09.2016 1 Ob 21/16v Beis wie T13
6 Ob 118/17x 6 Ob 118/17x Entscheidungstext OGH 07.07.2017 6 Ob 118/17x Beis wie T3; Beis wie T8; Beis wie T15; Beisatz: Hier: Die beklagte Bank wurde ausschließlich zur Finanzierung tätig; eine Anlageberatung führte sie nicht durch, vielmehr kamen die Kläger bereits mit dem ausgearbeiteten Konzept zur Beklagten. Eine Kooperation zwischen der Versicherung, bei der der Tilgungsträger abgeschlossen wurde und der beklagten Bank bestand nicht – Haftung verneint. (T17)
4 Ob 64/18t 4 Ob 64/18t Entscheidungstext OGH 29.05.2018 4 Ob 64/18t Beis wie T13; Beis wie T3; Beis wie T15; Beisatz: Eine grundsätzlich dem Anleger gegenüber bestehende selbstständige Beratungspflicht der Bank ist Voraussetzung für die (und nicht Folge der) Zurechnung eines selbstständigen Beraters. (T18)