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RECHTSPRECHUNG


RS0087615


Bei pflichtwidriger Anlageberatung beginnt die Verjährungsfrist für den Anleger, der Schadenersatz geltend machen möchte, zu laufen, wenn er aufgrund von Kursverlusten die tatsächliche Risikoträchtigkeit der Wertpapiere erkennen kann. Selbst eine im Zeitpunkt des Erkennens vorliegende Zukunftsprognose, die auf eine positivere Kursentwicklung hoffen lässt, ändert nichts am Verjährungsbeginn. Dadurch soll ein „Spekulieren auf dem Rücken des Beraters“ verhindert werden. Stört den Anleger das ungewollte ‑ und nunmehr erkannte ‑ Risiko, so soll er seine Ansprüche umgehend (innerhalb von drei Jahren) geltend machen. Versuchen von Anlageberatern, nach Kursverlusten nervös gewordene Anleger zu beschwichtigen, kann allerdings in zweifacher Hinsicht Bedeutung zukommen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand die Replik der Arglist entgegengehalten werden kann.


Rechtssatz:

Die kurze Verjährungszeit beginnt zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung (also des "Primärschadens oder Erstschadens") zu laufen, mit dessen positiver Kenntnis wird sie aber nach ständiger Rechtsprechung aber auch schon dann in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Der drohenden Verjährung muss der Geschädigte mit einer Feststellungsklage begegnen.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
1Ob41/94 (1Ob42/94); 1Ob1004/96; 4Ob2197/96h; 7Ob253/97z; 6Ob187/98p; 8Ob74/98k; 9Ob244/00y; 1Ob281/03k; 2Ob192/05g; 8Ob96/07m; 2Ob32/09h; 5Ob120/10y; 1Ob191/10k; 8Ob26/10x; 10Ob18/13i; 7Ob18/13t; 1Ob221/13a; 4Ob124/14k; 7Ob56/15h; 6Ob90/15a; 6Ob153/15s; 5Ob177/15p; 1Ob212/15f; 10Ob51/16x; 1Ob88/16x; 5Ob186/16p; 3Ob240/16i; 1Ob190/16x; 1Ob28/17z; 6Ob118/17x; 1Ob67/18m; 3Ob82/18g; 2Ob160/18w; 7Ob196/17z; 1Ob10/21h; 6Ob92/21d; 7Ob139/21y; 2Ob122/21m; 6Ob235/23m

Schlagworte:

Entscheidung:
20.12.2023

Norm:
ABGB §1489 IIA
ABGB §1489 IIB ABGB § 1489 heute ABGB § 1489 gültig ab 01.01.1975 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 496/1974 ABGB § 1489 heute ABGB § 1489 gültig ab 01.01.1975 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 496/1974

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


1 Ob 41/94 1 Ob 41/94 Entscheidungstext OGH 22.11.1995 1 Ob 41/94
1 Ob 1004/96 1 Ob 1004/96 Entscheidungstext OGH 11.03.1996 1 Ob 1004/96 Auch
4 Ob 2197/96h 4 Ob 2197/96h Entscheidungstext OGH 12.08.1996 4 Ob 2197/96h Vgl; Beisatz: Jedenfalls dann, wenn der Geschädigte zu einer Leistungsklage genötigt ist, sind gleichzeitig auch alle voraussehbaren künftigen Schäden (mit Feststellungsklage) geltend zu machen. (T1)
7 Ob 253/97z 7 Ob 253/97z Entscheidungstext OGH 03.12.1997 7 Ob 253/97z Vgl auch
6 Ob 187/98p 6 Ob 187/98p Entscheidungstext OGH 16.07.1998 6 Ob 187/98p Auch
8 Ob 74/98k 8 Ob 74/98k Entscheidungstext OGH 25.11.1999 8 Ob 74/98k Auch
9 Ob 244/00y 9 Ob 244/00y Entscheidungstext OGH 08.11.2000 9 Ob 244/00y
1 Ob 281/03k 1 Ob 281/03k Entscheidungstext OGH 16.12.2003 1 Ob 281/03k Auch
2 Ob 192/05g 2 Ob 192/05g Entscheidungstext OGH 01.09.2005 2 Ob 192/05g
8 Ob 96/07m 8 Ob 96/07m Entscheidungstext OGH 11.10.2007 8 Ob 96/07m Auch
2 Ob 32/09h 2 Ob 32/09h Entscheidungstext OGH 26.11.2009 2 Ob 32/09h Vgl; Beisatz: Hier: Erkennbarkeit eines Erstschadens bei Wertpapiergeschäften durch Erkennbarkeit von Kursverlusten und der Risikoträchtigkeit von Wertpapieren. (T2)
5 Ob 120/10y 5 Ob 120/10y Entscheidungstext OGH 15.07.2010 5 Ob 120/10y
1 Ob 191/10k 1 Ob 191/10k Entscheidungstext OGH 23.11.2010 1 Ob 191/10k Vgl auch; nur: Die kurze Verjährungszeit beginnt zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung (also des "Primärschadens oder Erstschadens") zu laufen, mit dessen positiver Kenntnis wird sie aber nach ständiger Rechtsprechung aber auch schon dann in Gang gesetzt, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann, ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. (T3) Beisatz: Hier: Beendigung des Fruchtgenussrechts. (T4)
8 Ob 26/10x 8 Ob 26/10x Entscheidungstext OGH 22.03.2011 8 Ob 26/10x Auch
10 Ob 18/13i 10 Ob 18/13i Entscheidungstext OGH 16.04.2013 10 Ob 18/13i Beis wie T2; Beisatz: Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt. (T5)
7 Ob 18/13t 7 Ob 18/13t Entscheidungstext OGH 19.06.2013 7 Ob 18/13t
1 Ob 221/13a 1 Ob 221/13a Entscheidungstext OGH 19.12.2013 1 Ob 221/13a Auch; Beis wie T5
4 Ob 124/14k 4 Ob 124/14k Entscheidungstext OGH 21.10.2014 4 Ob 124/14k Auch
7 Ob 56/15h 7 Ob 56/15h Entscheidungstext OGH 10.06.2015 7 Ob 56/15h
6 Ob 90/15a 6 Ob 90/15a Entscheidungstext OGH 31.08.2015 6 Ob 90/15a Auch; Beis wie T2; Beis wie T5
6 Ob 153/15s 6 Ob 153/15s Entscheidungstext OGH 25.09.2015 6 Ob 153/15s Beis wie T2; Beis ähnlich wie T5; Beisatz: Selbst eine im Zeitpunkt des Erkennens vorliegende Zukunftsprognose, die auf eine positivere Kursentwicklung hoffen lässt, ändert nichts am Verjährungsbeginn. (T6) Beisatz: Diese Rechtsprechung will ein „Spekulieren auf dem Rücken des Beraters“ verhindern. Stört den Anleger das ungewollte ‑ und nunmehr erkannte ‑ Risiko, so soll er seine Ansprüche umgehend geltend machen. (T7) Beisatz: Auch bei Fremdwährungskrediten ist daher auf den „Vertragsabschlussschaden“ abzustellen; für eine gesonderte Verjährung des „Mehraufwendungsschadens“ besteht in der Regel keine Grundlage, da damit entgegen der Einheitstheorie der an sich einheitliche Schaden in einen Primär‑ und Folgeschaden zerlegt würde. Bereits der Abschluss eines ‑ in dieser Form nicht gewollten ‑ Vertrags stellt daher den Schaden dar. (T8)
5 Ob 177/15p 5 Ob 177/15p Entscheidungstext OGH 30.10.2015 5 Ob 177/15p Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Hier: Finanzierungskonzept mit Fremdwährungskredit und Tilgungsträger. (T9)
1 Ob 212/15f 1 Ob 212/15f Entscheidungstext OGH 22.12.2015 1 Ob 212/15f Beis wie T5; Beis wie T8
10 Ob 51/16x 10 Ob 51/16x Entscheidungstext OGH 19.07.2016 10 Ob 51/16x Auch; Beis wie T6; Beis ähnlich wie T7; Beis ähnlich wie T8
1 Ob 88/16x 1 Ob 88/16x Entscheidungstext OGH 30.08.2016 1 Ob 88/16x Beis wie T5; Beis wie T8; Beis wie T9; Beisatz: Entscheidend für den Beginn des Fristenlaufs ist bei derartigen Modellen, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzept – entgegen den Zusagen – nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist. (T10)
5 Ob 186/16p 5 Ob 186/16p Entscheidungstext OGH 25.10.2016 5 Ob 186/16p Beis ähnlich wie T7; Beis ähnlich wie T8
3 Ob 240/16i 3 Ob 240/16i Entscheidungstext OGH 22.02.2017 3 Ob 240/16i Auch; Beis wie T2; Beis wie T10; Beisatz: Hier: Veranlagungskonzept mit Fremdwährungskredit und Tilgungsträger. (T11)
1 Ob 190/16x 1 Ob 190/16x Entscheidungstext OGH 16.03.2017 1 Ob 190/16x Beis wie T5; Beis wie T6; Beis wie T7; Beis wie T9; Beis wie T10; Veröff: SZ 2017/34
1 Ob 28/17z 1 Ob 28/17z Entscheidungstext OGH 16.03.2017 1 Ob 28/17z Beis wie T6; Beis wie T10; Beis wie T11; Beisatz: Versuchen von Anlageberatern, nach Kursverlusten nervös gewordene Anleger zu beschwichtigen, kann nach der Judikatur in zweifacher Hinsicht Bedeutung zukommen. Sie können die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder dazu führen, dass dem Verjährungseinwand des Schädigers die Replik der Arglist entgegengehalten werden kann (so schon 9 Ob 17/07a; 6 Ob 103/08b; 1 Ob 12/13s). (T12)
6 Ob 118/17x 6 Ob 118/17x Entscheidungstext OGH 07.07.2017 6 Ob 118/17x Vgl; Beis wie T10
1 Ob 67/18m 1 Ob 67/18m Entscheidungstext OGH 30.04.2018 1 Ob 67/18m
3 Ob 82/18g 3 Ob 82/18g Entscheidungstext OGH 23.05.2018 3 Ob 82/18g Vgl auch; Beis wie T9; Beis wie T10
2 Ob 160/18w 2 Ob 160/18w Entscheidungstext OGH 17.12.2018 2 Ob 160/18w Beis wie T6
7 Ob 196/17z 7 Ob 196/17z Entscheidungstext OGH 21.11.2018 7 Ob 196/17z Vgl; Beis wie T12
1 Ob 10/21h 1 Ob 10/21h Entscheidungstext OGH 05.03.2021 1 Ob 10/21h Vgl; Beis wie T12
6 Ob 92/21d 6 Ob 92/21d Entscheidungstext OGH 06.08.2021 6 Ob 92/21d Vgl; Beis wie T10; Beis wie T11
7 Ob 139/21y 7 Ob 139/21y Entscheidungstext OGH 18.10.2021 7 Ob 139/21y Beisatz: Hier: Vermittlung eines Versicherungsvertags, der nicht den Vorgaben des Auftragsgebers entsprach. (T13)
2 Ob 122/21m 2 Ob 122/21m Entscheidungstext OGH 16.09.2021 2 Ob 122/21m Vgl; Beis wie T9; Beis wie T10; Beis wie T11; Beisatz: Hier: Veranlagung aufgrund von Börsenbriefen. (T14)
6 Ob 235/23m 6 Ob 235/23m Entscheidungstext OGH Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage 20.12.2023 6 Ob 235/23m vgl; Beisatz wie T9; Beisatz wie T10; Beisatz wie T11