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RECHTSPRECHUNG


RS0115357


Der EuGH definiert Klagen aus „unerlaubten Handlungen“ als Klagen, „mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art 5 Z 1 anknüpfen“. Darunter fallen insbesondere auch Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb und aus der Verletzung von Immaterialgüterrechten. Örtlich zuständig für derartige Klagen ist das „Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“. Diese Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des EuGH vertragsautonom dahin auszulegen, dass sie sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint.


Rechtssatz:

Wird im Anwendungsbereich des LGVÜ 1988 eine gegen im Ausland wohnhafte Organe einer Gesellschaft gerichtete Klage von in Österreich wohnhaften Klägern auf Ersatz von Anlegerschäden sowohl auf die Verletzung von Aufklärungspflichten als auch auf Anlagebetrug gestützt, ist die internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nur insoweit gegeben, als die Klage auf Anlagebetrug gestützt wird (in diesem Sinn auch EuGH 27.9.1988, 189/87, Kalfelis).

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
3Ob14/12y; 6Ob18/17s; 6Ob128/18v

Schlagworte:

Entscheidung:
31.08.2018

Norm:
EuGVVO 2012 Art7 Nr2
LGVÜ 1988 Art5 Z3

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


3 Ob 14/12y 3 Ob 14/12y Entscheidungstext OGH 14.06.2012 3 Ob 14/12y
6 Ob 18/17s 6 Ob 18/17s Entscheidungstext OGH 07.07.2017 6 Ob 18/17s Vgl; Beisatz: Eine Annexzuständigkeit für deliktische Ansprüche in dem Fall, dass das Gericht für einen bestimmten, etwa vertraglichen Anspruchsgrund zuständig ist, besteht im Europäischen Zivilverfahrensrecht nicht. (T1) Veröff: SZ 2017/79
6 Ob 128/18v 6 Ob 128/18v Entscheidungstext OGH 31.08.2018 6 Ob 128/18v Vgl; Beisatz: Dem Zuständigkeitsregime der EuGVVO ist eine Annexzuständigkeit ratione materiae unbekannt. (T2)
4 Ob 110/01g 4 Ob 110/01g Entscheidungstext OGH 29.05.2001 4 Ob 110/01g
4 Ob 273/01b 4 Ob 273/01b Entscheidungstext OGH 27.11.2001 4 Ob 273/01b Vgl auch
7 Ob 127/01d 7 Ob 127/01d Entscheidungstext OGH 17.04.2002 7 Ob 127/01d
4 Ob 122/03z 4 Ob 122/03z Entscheidungstext OGH 08.07.2003 4 Ob 122/03z Auch
4 Ob 174/06a 4 Ob 174/06a Entscheidungstext OGH 17.10.2006 4 Ob 174/06a nur: Der EuGH definiert Klagen aus "unerlaubten Handlungen" als Klagen, "mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen 'Vertrag' im Sinne des Art 5 Z 1 anknüpfen". (T1) Beisatz: Ansprüche auf eine angemessene Vergütung nach § 42b Abs 1 UrhG (Leerkassettenvergütung) sind nicht Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist; sie fallen daher nicht unter Art 5 Nr 3 EuGVVO. (T2) Veröff: SZ 2006/156
17 Ob 2/07d 17 Ob 2/07d Entscheidungstext OGH 20.03.2007 17 Ob 2/07d Veröff: SZ 2007/44
1 Ob 74/07z 1 Ob 74/07z Entscheidungstext OGH 03.05.2007 1 Ob 74/07z nur: Örtlich zuständig für derartige Klagen ist das "Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist". Diese Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des EuGH vertragsautonom dahin auszulegen, dass sie sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint. (T3) Beisatz: Hier: Geltendmachung einer Haftung als falsus procurator - Anwendbarkeit des Art 5 Nr 3 EuGVVO bejaht. (T4)
17 Ob 22/07w 17 Ob 22/07w Entscheidungstext OGH 11.12.2007 17 Ob 22/07w Auch; Veröff: SZ 2007/197
4 Nc 3/08s 4 Nc 3/08s Entscheidungstext OGH 20.02.2008 4 Nc 3/08s Beisatz: Art 5 Z 3 LGVÜ entspricht in Aufbau und Inhalt weitgehend Art 5 Z 3 EuGVVO, weshalb die Literatur und Rechtsprechung zu letzterer Bestimmung auch für die Auslegung des Art 5 Z 3 LGVÜ übernommen werden kann. (T5) Beisatz: Hier: Behaupteter Verstoß gegen UWG durch Schweizer Website. (T6)
4 Ob 80/08f 4 Ob 80/08f Entscheidungstext OGH 26.08.2008 4 Ob 80/08f Veröff: SZ 2008/112
6 Ob 133/08i 6 Ob 133/08i Entscheidungstext OGH 07.08.2008 6 Ob 133/08i Vgl; Beisatz: Der zwischen der beklagten Partei und der Leasingnehmerin der Klägerin abgeschlossene Wartungsvertrag vermag einen vertraglichen Anspruch der klagenden Partei gegen die beklagte Partei im Sinne des Art 5 EuGVVO nicht zu begründen. (T7) Beisatz: Durch den nach den Klagsbehauptungen von der beklagten Partei verschuldeten Flugzeugabsturz wurde in das Eigentumsrecht der klagenden Partei, mithin ein absolut geschütztes Rechtsgut, eingegriffen. (T8) Beisatz: Es handelt sich nicht um einen bloßen Folgeschaden, der zur Begründung des Gerichtsstands des Schadensorts nach Art 5 Nr 3 EuGVVO nicht ausreicht, sondern um einen unmittelbaren Schaden. (T9)
4 Ob 203/08v 4 Ob 203/08v Entscheidungstext OGH 18.11.2008 4 Ob 203/08v Vgl auch; Beisatz: Der Begriff des schädigenden Ereignisses in Art 5 Nr 3 EuGVVO ist weit zu verstehen. Er erfasst im Bereich des Verbraucherschutzes unter anderem Angriffe auf die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats durch die Verwendung missbräuchlicher Klauseln, deren Verhinderung die Aufgabe von klagebefugten Verbänden ist. (T10) Beisatz: Hier: Klage der Bundesarbeitskammer gegen das Erwecken eines unrichtigen Eindrucks über die Unentgeltlichkeit der im Internetauftritt der Beklagten angebotenen Dienste und gegen das dortige Fehlen gesetzlich vorgesehener Informationen jeweils im Geschäftsverkehr mit in Österreich ansässigen Kunden: Damit liegt ein „Angriff" auf die österreichische Rechtsordnung vor. Auf welchem technischen Weg dieser „Angriff" erfolgt, ist unerheblich. (T11)
17 Ob 13/10a 17 Ob 13/10a Entscheidungstext OGH 16.12.2010 17 Ob 13/10a
9 Ob 18/10b 9 Ob 18/10b Entscheidungstext OGH 22.12.2010 9 Ob 18/10b nur T1
17 Ob 6/11y 17 Ob 6/11y Entscheidungstext OGH 09.08.2011 17 Ob 6/11y Vgl; Beisatz: Hier: Zum Erfolgsort nach Art 6 Abs 2 iVm Art 4 Abs 1 Rom II-VO bzw dem Marktortprinzip nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO. (T12) Veröff: SZ 2011/104
4 Ob 12/11k 4 Ob 12/11k Entscheidungstext OGH 20.09.2011 4 Ob 12/11k Vgl; Beis wie T12; Beisatz: Hier: Betriebsbezogene Lauterkeitsverstöße. (T13)
4 Ob 2/12s 4 Ob 2/12s Entscheidungstext OGH 28.02.2012 4 Ob 2/12s
3 Ob 14/12y 3 Ob 14/12y Entscheidungstext OGH 14.06.2012 3 Ob 14/12y nur T3
4 Ob 82/12f 4 Ob 82/12f Entscheidungstext OGH 10.07.2012 4 Ob 82/12f Vgl; Bem: Zur Zuständigkeit bei Markenrechtseingriffen bzw Wettbewerbsverstößen im Internet nach Art 5 Nr 3 EuGVVO siehe RS0127998. (T14) Veröff: SZ 2012/69
4 Ob 33/12z 4 Ob 33/12z Entscheidungstext OGH 10.07.2012 4 Ob 33/12z Auch; Beisatz: Für die Zuständigkeit nach Art 5 Nr 3 EuGVVO ist es grundsätzlich bedeutungslos, wo der Kläger seinen (Wohn‑)Sitz hat. (T15)
2 Ob 222/14g 2 Ob 222/14g Entscheidungstext OGH 22.01.2015 2 Ob 222/14g Vgl auch; Beis wie T15
4 Ob 78/15x 4 Ob 78/15x Entscheidungstext OGH 11.08.2015 4 Ob 78/15x
1 Ob 237/15g 1 Ob 237/15g Entscheidungstext OGH 28.01.2016 1 Ob 237/15g Beisatz: Die Zuhilfenahme gerichtlich vorgesehener Instrumente zur Durchsetzung einer vermeintlich zustehenden Forderung ist zulässig ‑ keine unerlaubte Handlung iSd § 5 Nr 3 LGVÜ 2007. (T16) Beisatz: Die bloße Aufforderung einer Partei eine Forderung zu begleichen, ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die eine unerlaubte Handlung bzw einen Eingriff in eine rechtlich geschützte Position nahelegen, keine unerlaubte Handlung iSd Art 5 Nr 3 LGVÜ II 2007. (T17)
4 Ob 185/18m 4 Ob 185/18m Entscheidungstext OGH 23.10.2018 4 Ob 185/18m Auch; Beisatz: Der Gerichtsstand differenziert grundsätzlich nicht danach, in welcher Rechtsschutzform Klage erhoben wird; er steht schon seinem klaren Wortlaut nach für (sämtliche) Ansprüche aus unerlaubten Handlungen zur Verfügung und unterscheidet insbesondere nicht danach, worauf die Ansprüche im Einzelnen gerichtet sind und welches Rechtsschutzziel sie verfolgen. (T18)
5 Ob 240/18g 5 Ob 240/18g Entscheidungstext OGH 20.02.2019 5 Ob 240/18g Beis wie T5
9 Ob 8/19w 9 Ob 8/19w Entscheidungstext OGH 28.03.2019 9 Ob 8/19w Beis wie T5
8 Ob 30/19y 8 Ob 30/19y Entscheidungstext OGH 29.04.2019 8 Ob 30/19y Vgl auch; Beis wie T5; Beisatz: Grundsätzlich kann der Geschädigte seine Ansprüche alternativ am Handlungs- oder am Erfolgsort geltend machen. (T19)
6 Ob 218/18d 6 Ob 218/18d Entscheidungstext OGH 07.05.2019 6 Ob 218/18d Vgl auch; Beis wie T18; Beisatz: Hier: Unterlassungsbegehren aus Eingriffen in Persönlichkeitsrechte. (T20)
8 Ob 45/19d 8 Ob 45/19d Entscheidungstext OGH 27.06.2019 8 Ob 45/19d Vgl; Beis wie T5
4 Ob 173/19y 4 Ob 173/19y Entscheidungstext OGH 26.11.2019 4 Ob 173/19y Vgl
1 Ob 22/20x 1 Ob 22/20x Entscheidungstext OGH 26.02.2020 1 Ob 22/20x Vgl auch; Beis wie T19
6 Ob 215/19i 6 Ob 215/19i Entscheidungstext OGH 25.06.2020 6 Ob 215/19i Vgl; nur Beis wie T18; nur Beis wie T20
4 Ob 74/20s 4 Ob 74/20s Entscheidungstext OGH 02.07.2020 4 Ob 74/20s Beisatz: Hier: Negative Feststellungsklage. (T21) Beisatz: Der Umfang der Abmahnung der Beklagten ist für den Handlungsort iSv Art 5 Nr 3 EuGVVO 2001 nicht von entscheidender Bedeutung. (T22) Beisatz: Handlungsort ist der Ort des schadensbegründenden Geschehens, das heißt der Ort, an dem das schadensbegründende Geschehen seinen Ausgang nahm. (T23) Beisatz: Der Handlungsort liegt auch dann im Inland, wenn vom Inland aus in tatbestandsmäßiger Weise auf das ausländische Marktgeschehen eingewirkt wurde, etwa durch die Herstellung nachgeahmter oder sonst unlauter aufgemachter Erzeugnisse oder die Gestaltung irreführender Werbung zum Zweck des Vertriebs auch im Ausland. (T24)
8 Ob 46/21d 8 Ob 46/21d Entscheidungstext OGH 29.04.2021 8 Ob 46/21d Vgl; Beis wie T19; Beisatz: Hier: 1. Die Gerichte des Wohnsitzes des Anlegers als Gerichte des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, sind dann für die Entscheidung zuständig, wenn sich die in besonderer anlage- und schadenstypischer Weise mit dem Geschäftsvorgang oder Schadensfall verknüpften schädigenden Vermögensdispositionen im Zuständigkeitsbereich inländischer Gerichte ereigneten und sonstige spezifische Gegebenheiten der Situation vorliegen, die nicht zum (Wohn-)Sitz des Beklagten, sondern in den Zuständigkeitsbereich inländischer Gerichte weisen. 2. Ob „Gegebenheiten“ im Sinne dieser Rechtsprechung in ausreichender Weise und mit entsprechendem Gewicht vorliegen, ist eine nicht revisible Frage der konkreten Einzelfallbeurteilung. (T25)
5 Ob 193/20y 5 Ob 193/20y Entscheidungstext OGH 31.05.2021 5 Ob 193/20y Vgl; nur T1; Beis wie T16; Beis wie T17; Beis wie T18
4 Ob 178/21m 4 Ob 178/21m Entscheidungstext OGH 23.11.2021 4 Ob 178/21m
2 Ob 154/21t 2 Ob 154/21t Entscheidungstext OGH 14.12.2021 2 Ob 154/21t Vgl; Beis wie T25
8 Ob 172/22k 8 Ob 172/22k Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 27.06.2023 8 Ob 172/22k nur T1; Beisatz wie T19 Beisatz: Hier: Internationale Zuständigkeit, soweit der Kläger die Rückforderung seiner Verluste aus Online-Glücksspiel auf deliktischen Schadenersatz stützt. (T26) Beisatz: Die Einzahlung des Spielers schädigt sein Vermögen nicht, denn ihm steht in gleicher Höhe eine Forderung gegen die Beklagte gegenüber, die er sich jederzeit auf Verlangen wieder auszahlen lassen kann. Erst ein die Gewinne übersteigender Verlust aus dem verbotenen Glücksspiel schädigt das Vermögen des Spielers, indem sich sein Auszahlungsanspruch dadurch um den Verlust vermindert. (T27) Beisatz: Nach Österreich weist auch, dass die den Schadenersatz begründende Rechtswidrigkeit aus dem Verstoß gegen das österreichische Glücksspielrecht resultiert, also einem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche österreichische Eingriffsnormen. (T28) Anm: Vgl bereits 10 Ob 56/22s.
10 Ob 56/22s 10 Ob 56/22s Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 22.06.2023 10 Ob 56/22s vgl; Beisatz wie T19
6 Ob 168/23h 6 Ob 168/23h Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 25.09.2023 6 Ob 168/23h vgl
8 Ob 87/23m 8 Ob 87/23m Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 19.10.2023 8 Ob 87/23m Beisatz wie T27; Beisatz wie T28
6 Ob 164/23w 6 Ob 164/23w Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 23.10.2023 6 Ob 164/23w vgl; nur T1; Beisatz nur wie T26; Beisatz nur wie T28
2 Ob 177/23b 2 Ob 177/23b Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 25.10.2023 2 Ob 177/23b Beisatz wie T26; Beisatz wie T27
4 Ob 116/23x 4 Ob 116/23x Entscheidungstext OGH Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage 25.01.2024 4 Ob 116/23x vgl; Beisatz: Hier: internationale Zuständigkeit iZm dem Diesel-Abgasskandal bei Kaufvertragsabschluss und Übergabe in einem anderen EU-Mitgliedstaat (T29)