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RECHTSPRECHUNG


RS0120785


Wenn der Anleger erkennt, dass er nicht die gewünschten risikolosen, sondern risikoträchtige Wertpapiere erworben hat, dann kann ihm ein anschließender Verkauf oder ein Behalten der Wertpapiere nur in besonderen Fallkonstellationen als Mitverschulden angelastet werden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn auch noch nach einer angemessenen Überlegungsfrist ein Verkauf mit Gewinn möglich gewesen wäre, der Anleger dies jedoch ohne Grund unterlassen hat.


Rechtssatz:

Hat der geschädigte Kläger infolge pflichtwidriger Anlageberatung nicht die gewünschten risikolosen sondern risikoträchtige Wertpapiere erworben, so kann der Schädiger dem Anleger den Einwand der Schadensminderungspflicht bei Verkauf oder Behalten der Wertpapiere nur dann entgegenhalten, wenn die Verkaufs- oder Behalteobliegenheit dem Anleger zumutbar war. Da im Regelfall die Kursentwicklung keine sicheren Schlüsse des einzelnen Anlegers auf Unternehmenswert und objektiven Wert seiner Beteiligung zulässt, wird eine schuldhafte Verletzung der Verkaufs- oder Behalteobliegenheit des Anlegers nur in besonderen Fallkonstellationen zu bejahen sein.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
8Ob123/05d; 4Ob62/11p; 1Ob188/12x; 2Ob74/12i; 1Ob118/16h; 4Ob59/18g

Schlagworte:

Entscheidung:
25.09.2018

Norm:
ABGB §1304 A1
ABGB §1323 A
ABGB §1323 D ABGB § 1304 heute ABGB § 1304 gültig ab 01.01.1812 ABGB § 1323 heute ABGB § 1323 gültig ab 01.01.1812 ABGB § 1323 heute ABGB § 1323 gültig ab 01.01.1812

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


8 Ob 123/05d 8 Ob 123/05d Entscheidungstext OGH 23.02.2006 8 Ob 123/05d Veröff: SZ 2006/28
4 Ob 62/11p 4 Ob 62/11p Entscheidungstext OGH 05.07.2011 4 Ob 62/11p Vgl; Veröff: SZ 2011/84
1 Ob 188/12x 1 Ob 188/12x Entscheidungstext OGH 13.12.2012 1 Ob 188/12x
2 Ob 74/12i 2 Ob 74/12i Entscheidungstext OGH 25.04.2013 2 Ob 74/12i Beisatz: Hier: Frage einer möglichen Verletzung einer Schadensminderungspflicht nach Kenntnis von der Nichtausführung einer Stop-Loss-Order durch die Bank und des dadurch bewirkten Schadens. (T1); Veröff: SZ 2013/42
1 Ob 118/16h 1 Ob 118/16h Entscheidungstext OGH 18.10.2016 1 Ob 118/16h Beisatz: Ob eine „besondere Fallkonstellation“ vorliegt, nach der dem Anleger eine Verkaufs- oder Behalteobliegenheit zugemutet werden kann, richtet sich daher ausschließlich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und steht damit einer allgemein gültigen Aussage des Obersten Gerichtshofs zu diesem Problem entgegen. (T2) Beisatz: Hier: Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist im konkreten Einzelfall nicht zu beanstanden, wenn es im Rahmen der Schadensminderungspflicht eine Veräußerung der Zertifikate durch den Anleger für zumutbar erachtete, weil diese noch vor Eintritt eines Kursverlusts die Risikoträchtigkeit der von ihr erworbenen Anlage erkannt hatte und auch noch nach Einhaltung einer angemessenen Überlegungsfrist diese mit Gewinn veräußern hätte können. (T3)
4 Ob 59/18g 4 Ob 59/18g Entscheidungstext OGH 25.09.2018 4 Ob 59/18g Auch