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RECHTSPRECHUNG


RS0130973


Im Verlassenschaftsverfahren haben der Gerichtskommissär und das Verlassenschaftsgericht ein Auskunftsrecht gegenüber Banken. Ebenso ist das Verlangen nach Beischaffung eines Überweisungsbelegs zulässig. Die Bank kann sich nicht auf das Bankgeheimnis berufen. Auch mit dem Hinweis auf Rechte Dritter oder von Kontomitinhabern kann die Auskunft nicht verweigert werden. Es besteht nur dann keine Auskunftspflicht, wenn ein Bankkonto oder eine Spareinlage unzweifelhaft nicht dem Nachlass zuzuordnen ist. Die gleichen Grundsätze gelten für das Pflegschaftsgericht bei der Aufsicht über das Vermögen von Kindern oder Personen unter Erwachsenenschutz.


Rechtssatz:

Das Auskunftsrecht des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts gegenüber der Bank beruht auf eigenem Recht, die Rechtsgrundlage bildet § 38 Abs 2 Z 3 BWG. Jedenfalls dann, wenn sich das Auskunftsverlangen des Gerichtskommissärs auf den Antrag eines Noterben gründet oder auch nur in dessen Interesse erfolgt, bedarf es keines Rückgriffs auf jene Rechtsprechung, wonach der Auskunftsanspruch des Gerichtskommissärs von jenem des verstorbenen Bankkunden abgeleitet wird. Insoweit wird der Entscheidung 7 Ob 292/06a nicht gefolgt. § 38 Abs 2 Z 3 BWG differenziert nicht zwischen Geheimnissen des verstorbenen Kunden und solchen anderer Personen, die Berufung der Bank auf das Bankgeheimnis wird dadurch gegenüber dem Gerichtskommissär und dem Abhandlungsgericht grundsätzlich ausgeschlossen. Mit dem Hinweis auf Rechte Dritter oder von Kontomitinhabern kann die Auskunft nicht verweigert werden, insofern wird der Entscheidung 6 Ob 287/08m nicht gefolgt. Das Auskunftsrecht des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts gegenüber der Bank beruht auf eigenem Recht, die Rechtsgrundlage bildet Paragraph 38, Absatz 2, Ziffer 3, BWG. Jedenfalls dann, wenn sich das Auskunftsverlangen des Gerichtskommissärs auf den Antrag eines Noterben gründet oder auch nur in dessen Interesse erfolgt, bedarf es keines Rückgriffs auf jene Rechtsprechung, wonach der Auskunftsanspruch des Gerichtskommissärs von jenem des verstorbenen Bankkunden abgeleitet wird. Insoweit wird der Entscheidung 7 Ob 292/06a nicht gefolgt. Paragraph 38, Absatz 2, Ziffer 3, BWG differenziert nicht zwischen Geheimnissen des verstorbenen Kunden und solchen anderer Personen, die Berufung der Bank auf das Bankgeheimnis wird dadurch gegenüber dem Gerichtskommissär und dem Abhandlungsgericht grundsätzlich ausgeschlossen. Mit dem Hinweis auf Rechte Dritter oder von Kontomitinhabern kann die Auskunft nicht verweigert werden, insofern wird der Entscheidung 6 Ob 287/08m nicht gefolgt.

Gericht:
OGH

Geschäftszahl:
2Ob183/15y; 2Ob113/17g; 2Ob101/20x; 2Ob5/21f; 8Ob120/20k; 10Ob43/23f

Schlagworte:

Entscheidung:
21.11.2023

Norm:
ABGB §784
AußStrG 2005 §145
AußStrG 2005 §166 Abs3
BWG §38 Abs2 Z3 ABGB § 784 heute ABGB § 784 gültig ab 01.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2015 ABGB § 784 gültig von 01.01.1917 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916 BWG § 38 heute BWG § 38 gültig ab 01.01.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2023 BWG § 38 gültig von 01.03.2021 bis 31.12.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 25/2021 BWG § 38 gültig von 01.06.2018 bis 28.02.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 17/2018 BWG § 38 gültig von 27.07.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2017 BWG § 38 gültig von 01.01.2016 bis 26.07.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 116/2015 BWG § 38 gültig von 15.08.2015 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 116/2015 BWG § 38 gültig von 01.01.2008 bis 14.08.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2007 BWG § 38 gültig von 26.04.2007 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 19/2007 BWG § 38 gültig von 01.05.1999 bis 25.04.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1999 BWG § 38 gültig von 01.01.1997 bis 30.04.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 753/1996 BWG § 38 gültig von 23.08.1996 bis 31.12.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 445/1996 BWG § 38 gültig von 01.01.1994 bis 22.08.1996

Kategorie:


WEITERE INFORMATIONEN

Entscheidungstexte


2 Ob 183/15y 2 Ob 183/15y Entscheidungstext OGH 29.09.2016 2 Ob 183/15y Beisatz: Hier: Die Beischaffung eines Überweisungsbelegs, mit dem geklärt werden kann, ob ein Betrag vom Konto des Erblassers auf ein anderes Konto des Erblassers überwiesen wurde, dient jedenfalls der Klärung der Nachlasszugehörigkeit des überwiesenen Betrags. Antrag der Noterben auf Beischaffung eines Einzelbelegduplikats daher zulässig und berechtigt. (T1); Veröff: SZ 2016/103
2 Ob 113/17g 2 Ob 113/17g Entscheidungstext OGH 16.05.2018 2 Ob 113/17g nur: Das Auskunftsrecht des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts gegenüber der Bank beruht auf eigenem Recht, die Rechtsgrundlage bildet § 38 Abs 2 Z 3 BWG. (T2) Beisatz: Der Umfang ihrer Befugnisse ergibt sich aus den gesetzlich festgelegten Aufgaben des Gerichtskommissärs, vor allem also aus den §§ 145 ff und 165 ff AußStrG. (T3)
2 Ob 101/20x 2 Ob 101/20x Entscheidungstext OGH 25.03.2021 2 Ob 101/20x Vgl; Beisatz: Es besteht nur dann keine Auskunftspflicht, wenn ein Bankkonto oder eine Spareinlage unzweifelhaft nicht dem Nachlass zuzuordnen ist. (T4) Beisatz: Solange daher der Bank keine entsprechenden gegenteiligen Nachweise vorliegen, darf sie auch bei Kleinbetragssparbüchern, bei denen der Erblasser als Einleger identifiziert ist, keineswegs zweifelsfrei davon ausgehen, dass sie nicht dem Nachlass zuzuordnen sind. Daher besteht auch betreffend solche Spareinlagen eine Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gerichtskommissär und dem Verlassenschaftsgericht, ohne dass es auf den Besitz der Sparurkunde ankommt. (T5)
2 Ob 5/21f 2 Ob 5/21f Entscheidungstext OGH 29.04.2021 2 Ob 5/21f Vgl; Beis wie T4; Beis wie T5
8 Ob 120/20k 8 Ob 120/20k Entscheidungstext OGH 25.06.2021 8 Ob 120/20k Beisatz: Das zur Z 3 des § 38 Abs 2 BWG Gesagte muss sinngemäß auch für die Z 4 gelten. In § 38 Abs 2 Z 4 BWG ist daher eine eigene Rechtsgrundlage für das Auskunftsrecht des Pflegschaftsgerichts zu erblicken. Dieses umfasst sämtliche für die Erfüllung der in § 133 AußStrG genannten Aufgaben erforderlichen Informationen (ds die Erforschung des Vermögens, die Überwachung der Verwaltungstätigkeit zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohls der vertretenen Person und die Sicherung des Vermögens). Die Beurteilung setzt eine Interessenabwägung im Einzelfall voraus. (T6)
10 Ob 43/23f 10 Ob 43/23f Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 21.11.2023 10 Ob 43/23f vgl